renate eichmeier Waveform-Grafik

 

home biografie aktuelles hörfunk dokfilm theater print
 

"Lieb Vaterland magst ruhig sein, die Natter fegt den Himmel rein."
Eine bemannte Holzrakete als NS-Wunderwaffe

Feature, B2 radioZeitreisen 2011 (Zeit: 24')

mit Katja Bürkle, Hubert Mulzer, Detlev Kügow, Christian Baumann, Andreas Neumann
Redaktion und Regie: Ulrich Klenner

Februar 1944. Tausende Tonnen Bomben warfen die alliierten Luftverbände innerhalb einer einzigen Woche über Deutschland ab. Spätestens nach dieser sogenannten „Big Week“ war klar, dass es eines Wunders bedurfte, um den Bombardierungen eine wirksame Abwehr entgegenzusetzen. In einer Ausschreibung an die Luftfahrtindustrie forderte das Reichsluftfahrtministerium die Entwicklung von neuartigen Abfangjägern: einfach und schnell herzustellen und leicht zu bedienen.

Neben bekannten NS- Rüstungsfirmen wie Junkers, Heinkel und Messerschmidt reichte auch Erich Bachem einen Vorschlag ein. Er führte einen Zulieferbetrieb für die Luftfahrtindustrie im schwäbischen Waldsee und war ein leidenschaftlicher Konstrukteur. Das Ministerium lehnte ab. Aber der Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, war von Bachems Idee so angetan, dass er eine Auftragserteilung durchsetzte. Unter Hochdruck begann Bachem auf seinem Firmengelände mit der Entwicklung einer bemannten Holzrakete, die zielgenaue Angriffe auf die alliierten Bomber ermöglichen sollte. Eine einfache Konstruktion und das Holz als Grundmaterial sollten gewährleisten, dass die Rakete schnell in Massenproduktion gehen konnte. Der Pilot war nötig, um die Geschosse an der Rakete in der Luft abzufeuern. Danach sollte er das Cockpit absprengen und mit einem Fallschirm abspringen.

Im Herbst 1944 begannen die ersten Startversuche mit der „Natter“, wie Bachem seine Rakete nannte. Die SS übernahm die Führung des Projektes. Am 1. März 1945 wurde der erste bemannte Start durchgeführt, der allerdings mit einer Katastrophe endete: Der Pilot kam ums Leben. Ob es weitere bemannte Startversuche mit der „Natter“ gab, ist unklar. Klar ist hingegen, dass es nicht mehr zum Kriegseinsatz der „Wunderwaffe“ kam, die den Himmel über Deutschland rein fegen sollte. Statt der feindlichen Bomber waren bald die verstiegenen Hoffnungen auf den Endsieg vom Himmel gefegt.