Le Creusot-Geschichte
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le Creusot

Geschichte

*   1781 ist Le Creusot ein Weiler mit ca. zehn Familien. Im gleichen Jahr Gründung der "Königlichen Gießerei" zur Herstellung von Kanonen für die Marine. Ausschlaggebend für die Standortwahl sind die Steinkohlenvorkommen.

*   1785 Verlegung der Kristallerie der Königin Marie-Antoinette von Sèvres nach Le Creusot, in die Nähe der Steinkohle.

*   1786 zählt Le Creusot 1.400 Einwohner. Die "Königliche Gießerei" umfaßt Hochöfen, Frischhütte, Schmiede und Werkstatt zum Bohren von Kanonen.

*   1826 erwerben Aaron Manby und David Wilson die Hütte, Anlage eines Puddelwerks.

*   1833 Manby und Wilson gehen bankrott.

*   1836 übernehmen Adolphe und Eugène Schneider das Unternehmen. Sie handeln im Auftrag einer Kommanditgesellschaft, deren Kapital von dem Bankier Seillière und dem Hüttenunternehmer Louis Bougues gestellt wird. Eugène Schneider ist Fachmann für das Hüttenwesen. Zum Aufbau der Konstruktionswerkstätten gewinnt er den Unternehmer Edwards für den Lokomotivbau und den Dampfmaschinenspezialisten Bourdon.

*   1838 Bau der ersten französischen Lokomotive in Le Creusot. Der Ort zählt 2.780 Einwohner.

*   1839 Schneider Frères & Cie. stellen das erste französische Dampfschiff her und gründen die Werft in Chalon-sur-Saône.

*   1841 Francois Bourdon und Eugène Schneider erhalten das Patent auf den Dampfhammer.

*   1849 Während der Revolution wird ein Arbeiter Parlamentsabgeordneter von Le Creusot.

*   1853 Beginn des Baus von Metallbrücken.

*   1857 Mit der Eisenbahnlinie Nevers-Chagny erhält Le Creusot Anschluß an die Eisenbahn. Beginn des Baus von eisernen Hallenkonstruktionen.

*   ab 1861 Die Werksanlagen in der Plaine des Riaux werden um die "Grande Forge" ergänzt: Puddelwerk, Walzenstraßen, Dampfhämmer und Schmiedepresse für die Herstellung von Panzerblechen und großen Schmiedeteilen.

*   1865 Le Creusot ist das führende Hüttenzentrum Frankreichs: 9.500 Arbeiter, 15 Hochöfen, 130 Puddelöfen, 600 Koksöfen, ca. 100 Dampfmaschinen; Produktion: 130.000 t Roheisen, 30.000 t Puddeleisen, 10.000 t Bleche, 6.000 t Schienen....Die Firma Schneider erwirbt Eisenerz- und Kohlenbergwerke, errichtet Werften, gründet Tochterunternehmen im In- und Ausland. Sie ist Eigentümerin des überwiegenden Teils des Grund und Bodens in Le Creusot. Die Stadt zählt etwa 23.000 Einwohner.

*   1867 Die Herstellung von Siemens-Martin-Stahl beginnt.

*   1870 Streik der Arbeiter für Beteiligung an der Leitung der Unterstützungskasse und für Lohnerhöhungen. Einsatz von Militär. Beginn der Produktion von Bessemer-Stahl. Da die einheimischen Erze einen zu hohen Phosphorgehalt aufweisen, wird Eisenerz von der Insel Elba, aus Spanien und Algerien importiert.

*   1871 Jean-Baptiste Dumay, ein Arbeiter der Schneider-Werke, wird Bürgermeister und erklärt den Anschluß der Stadt an die Pariser Kommune. Die revolutionären "Umtriebe" werden von der Armee unterdrückt.

*   1876 Bau des Hundert-Tonnen-Dampfhammers.

*   1880 Das Thomasstahlwerk wird in Betrieb genommen. Die Produktion von Thomasstahl gewinnt nur untergeordnete Bedeutung. Mit dem Aufkommen des Thomasverfahrens, das die Verwendung phorsphorhaltigen Roheisens und damit die Verhüttung phosphorreicher Erze erlaubt, beginnt der Aufschwung der lothringischen Stahlindustrie. Le Creusot orientiert sich auf die Herstellung von Spezialstählen mit dem Siemens-Martin-Verfahren

*   1885 Die Erlaubnis zum Export von Kriegsgütern fördert die Rüstungsproduktion. Schneider tritt auf den internationalen Märkten in Wettbewerb zu Krupp.

*   1895 Beginn der Elektrifizierung der Betriebe und der Herstellung von Elektromaterial.

*   1897 Erwerb eines Werks in Le Havre, das Artilleriegeschütze herstellt.

*   1898 Nach den Parlamentswahlen bildet der "Bloc Républicain" aus Radikalen, gemäßigten Republikanern und Sozialisten die Regierung: Anfänge einer staatlichen Sozialversicherung, Arbeiterschutzgesetze, Zurückdrängung des Einflusses der katholischen Kirche (1905 Trennung von Kirche und Staat).

*   1899 Streik, Einsatz von Militär. Die Regierung Waldeck-Rousseau schickt einen Schlichter, der die Forderungen der Arbeiter nach Lohnerhöhungen, Anerkennung der Gewerkschaft und Zulassung von Arbeiterdelegierten in den Werkstätten durchsetzt.

*   1900 Ein erneuter Streik endet mit der Niederlage der Streikenden. Die Herrschaft der Familie Schneider wird wiederhergestellt. Hunderte von Arbeiterfamilien verlassen die Stadt. Bau der ersten elektrischen Versuchslokomotive des Unternehmens.

*   1905 Die Hundertjahrfeier für Eugène I. Schneider wird als Machtdemonstration der Unternehmerdynastie gefeiert. In Paris ist 1904 das Bündnis von Sozialisten und Republikanern zerbrochen.

*   1914 Stillegung des Bessemerstahlwerks.

*   1916 Bau eines weiteren Siemens-Martin-Stahlwerks für die Rüstungsproduktion und einer Produktionsstätte für Granaten im Vorort Le Breuil. Während des Krieges werden die eingezogenen Belegschaftsmitglieder durch ausländische Arbeiter, Kriegsgefangene und Frauen ersetzt. Die Belegschaft steigt auf fast 20.000 Personen.

*   Nach dem ersten Weltkrieg entwickelt sich Schneider zum internationalen Unternehmen, innerhalb dessen die Werke von Le Creusot an Bedeutung verlieren. Mit 10.000 Beschäftigten stellen sie noch 10% der Gesamtbelegschaft des Konzerns.

*   1920-25 Die Herstellung von Dampflokomotiven erreicht ihren Höhepunkt

*   1925/30 Beginn der Edelstahlgewinnung mit Elektroöfen.

*   1929 Entwicklung von nichtrostendem Stahl (Virgo).

*   1940 Der letzte Hochofen wird stillgelegt.

*   1949 Die Werke von Le Creusot bilden als "Société des Forges et Ateliers du Creusot (SFAC)" eine Tochtergesellschaft von Schneider & Cie.

*   1954 SFAC baut den Reaktor für die Atomzentrale von Marcoule.

*   1959 SFAC gründet mit Westinghouse die "Société franco-américaine de constructions atomiques" (Framatome).

*   1964 Bildung der Aktiengesellschaft Schneider S.A.

*   1970 SFAC fusioniert mit der "Cie. des Ateliers et Forges de la Loire" zu "Creusot-Loire".

Creusot-Loire wird aufgeteilt auf

*   Creusot-Loire-Industrie (Groupe Usinor): Herstellung von Spezialstählen, vorwiegend schwere Bleche und Schmiedeteile; Stahlwerk, Blechwalzwerk, Schmiede, Stahlgießerei; 1200 Beschäftigte.

*   Alsthom-Creusot-Rail: Drehgestelle und Stoßdämpfer für Eisenbahnen (auch TGV), U-Bahnen usw.; 630 Beschäftigte.

*   Thermodyn: Kompressoren, Dampfturbinen; 513 Beschäftigte.

*   Neyrpic Framatome Mécanique: schwere Präzisionsmechanik für Tunnelbau; Fördertechnik; Automationstechnik für Rüstung, Raumfahrt, Forschung; 485 Beschäftigte.

*   Howmet S.A.: Stahlgußteile für Luftfahrts-, Rüstungs-, Medizin- und Nukleartechnik; 443 Beschäftigte.

*   Snecma: Turbinenteile; 176 Beschäftigte.

(Belegschaftszahlen von 1997)

Die Unternehmerdynastie Schneider

Eugène I. (1805-1875)

Sohn eines Notars aus Dieuze (Departement Moselle). Leitung eines Hüttenwerks für die Bank Seillière, Techniker, Reisen nach England, ab 1836 mit seinem Bruder Adolphe, nach dessen Tod 1845 alleiniger Leiter der Werke von Le Creusot. Zahlreiche politische Ämter, u.a. Bürgermeister von Le Creusot (1866-70), Abgeordneter, Minister für Landwirtschaft und Handel (1851), Parlamentspräsident (1867). Neigt dem wirtschaftlichen und politischen Liberalismus zu, steht Napoleon III. nahe. Nach dem Sturz des Kaiserreiches und den Streiks von 1870 zieht er sich aus der Politik zurück und behält nur noch sein Mandat als Generalrat. 1874 erster Präsident des "Comité des forges" (Vereinigung der Hüttenunternehmer), Regent der Bank von Frankreich.

Henri (1840-1898)

Politische Ämter in Arrondissement und Departement, Bürgermeister von Le Creusot (1871-96), Parlamentsabgeordneter, neigt den Orleanisten zu, Regent der Bank von Frankreich, Mitglied im "Comité des forges".

Eugène II. (1868-1942)

Bürgermeister von Le Creusot (1896-1900), Abgeordneter und Generalrat, richtet 1905 die Hundertjahrfeier für Eugène I. aus, mit der nach den Streiks von 1899 und 1900 das paternalistische Modell bekräftigt wird, 1910 Verzicht auf alle politischen Ämter, Konzentration auf die Leitung des Gesamtkonzerns, Gründung der "Banque de l'Union Européenne, Industrielle et Financière" zur Verwaltung der 182 Schneider-Beteiligungen an in- und ausländischen Unternehmen.

Charles (1898-1960)

Keine politischen Ämter, Zugehörigkeit zur Résistance. Dezentralisierung des Familienbesitzes durch Gründung der Holdinggesellschaft Schneider & Cie. Nach seinem Tod Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft.

© Christian Brünig                                                                                                                        Stand: 20.06.2005