- Renshi ist ein Begriff für die moderne
Kettendichtung, (ren - miteinander verbundenes Gedicht, shi - im modernen, formal
ungebundenen Stil)
- Mindestens zwei oder mehr Poeten (und Übersetzer) treffen
sich an einem gemeinsamen Ort zu einer persönliche Begegnung
- Teilnehmer: Es treffen sich Dichter, die eben nicht
durch die Tradition und das klassische Regelwerk der japanischen Kurzlyrik geprägt sind
(im Vergleich zur Renga/Renku-Dichtung).
- Die Sprache kann einsprachig oder mehrsprachig mit
multikulturellem Hintergrund sein.
- Die zentralen, klassischen Motive, wie Mond, Blüte,
Liebe werden nicht mehr zum Strukturieren herangezogen. Die Motive der Dichtung sind das
gesamte Spektrum unserer Erfahrungen, aber, um einmal den Unterschied deutlich zu machen,
im wesentlichen Gedankenlyrik und nicht das Ergebnis der Beobachtung eines
(Natur)-Ereignisses, abgesehen von den Einlassungen zur konkreten Begegnung vor Ort.
- Minimale Geschwindigkeit: Jeder Autor steht unter
einem gewissen Zeitdruck, den er mit seiner Fähigkeit zur spontanen und durch die
Situation der persönlichen Begegnung bedingten originellen Kreativität beherrscht.
- Keine Konkurrenz: Teamgeist verbindet die Autoren.
Zentrales Anliegen ist der gemeinsame Schaffensprozeß. Respektieren der Verschiedenheit
des Mitautors.
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- Die Anzahl der Kettenglieder ist frei.
- Die Strophenform ist frei, ungebunden, ganz selten
die Tanka-Form oder die Sonett-Form.
- Die Anzahl der Verse ist frei
- Die Metrik des Verses ist frei
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- Verknüpfung: Der antwortende Poet greift ein Wort
des letzen Verses, den vordergründigen Sinn oder die Assoziationen einer weiteren
Sinnebene auf, riecht (nach Bashô) den Duft der vorangegangenen Strophe und
startet damit das nächste Kettenglied. Auch bewusst dualistische Anschlüsse werden
ausprobiert. Dabei werden auch politisch-kulturelle Anspielungen aufgegriffen. Im Verlauf
des neuen Kettengliedes wird aber nicht weitererzählt oder gar beim Thema
geblieben, sondern es erfolgt ein Wechsel der Assoziationen, eine unerwartete Wendung auf
eine neue Thematik., ein Sprung in die Gegensätzlichkeit Jeder einzelne Schritt ist frei
von dem Wunsch des Zurückkehrens. Man folgt dem Lauf und ändert den Sinn allein aus dem
Wunsch vorwärts zuschreiten. Die Spur des vorangegangenen Schrittes wird verwischt und die
ganz persönliche Idee des Folge-Autors zeigt in eine neue Richtung, die wieder ...usw.
- (nach E. Klopfenstein)
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