- Es
gibt verschiedene Längen und Formen des Renku:
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- Das
Hyakuin mit 100 Strophen,
- das
Kasen mit 36 Strophen,
- das
Nijûin mit 20 Strophen,
- das
Hankasen oder „Halbkasen“ mit 18 Strophen,
- das
Shishi mit 16 Strophen
- das
Jûsanbutsu mit 13 Strophen und
- das
Jûnicho und Shisan mit je 12 Strophen.
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- Die
gebräuchlichste Form ist das Kasen mit 36 Strophen und soll hier näher
erörtert werden. Die anderen Anwendungen des Renku sind Modifikationen der
Kasenform, richten sich aber alle nach den gleichen Prinzipien von „link
and shift“.
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- Gesamtstruktur eines Kasen:
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- Prinzipiell besteht aber die
Gesamtstruktur des Kasen aus drei Teilen:
- der
Einleitung, dem Prolog oder der Ouvertüre (6
Strophen)
–
(jo)
- dem
Hauptsatz, der Entwicklung oder Erweiterung (24 Strophen)
–
(ha)
- und
dem Schluss, der Folgerung oder dem Epilog (6
Strophen) –
(kyû).
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- Versnamen und Themen-Position
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- Bestimmte Verse haben besondere Namen oder
sind für besondere Themen reserviert. Zum Beispiel gibt es drei
Vers-Positionen innerhalb des Kasen, die dem Mond und zwei, die den
Blüten
– traditionell den Kirschblüten – gewidmet sind. Andere Strophen
beschreiben den Lauf durch die Jahreszeiten, erzählen von der Liebe
oder
beziehen sich auf freie Themen.
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- Link and shift – Anschluss und
Verschiedenartigkeit (von Ort,
Personen und Szenerie)
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- Das
Renku wird von den beiden Schlüsselworte „link and shift“ (Anschluss
und Orts- bzw. Szenenwechsel) regiert. Dabei werden die unterschiedlichsten
Arten der Verlinkung bzw. der Prinzipien der Strophenverbindungen einerseits
und Prinzipien der Progression (das Moving Ahead, dass Vorwärtsschreitens)
und das Prinzip der Diversity, der Veränderung von Themen und
Eigenschaften, beachtet.
- „Link“ (tsukeai) bezieht
sich auf die Verbindung oder Beziehung zwischen zwei aufeinanderfolgenden
Strophen;
- „shift“ (tenji) hat mit
der Verschiedenartigkeit der Themen bzw. Gegenstände und ihren
Eigenschaften und Ausformungen zu tun. „Shift“ bestimmt das stetige
Voranschreiten durch verschiedene Orte und Ereignisse der Renku-Dichtung.
Diese traditionellen Ideen und Gesichtspunkte gehen auf das Werk von Matsuo
Bashô (1644-16949) und seinen Nachfolgern zurück.
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- Linking-Kategorien:
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object linking (mono-zuke),
(Objekt-Verkettung)
- - meaning linking (imi-zuke),
(Verkettung durch die Bedeutung der Wörter)
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and scent linking (nioi-zuke).
(Duft-Anschluss)
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- Object
linking
- beinhaltet
eine Gedankenverbindung zwischen den Objekten/Personen, dem Ort oder der
Zeit zweier aufeinander folgenden Strophen.
- Zum
Beispiel: Auf einen „Regenschirm“ in einer Strophe kann mit
„Gummistiefel“ in der nächsten Strophe geantwortet werden. Eine Tätigkeit
in einer Strophe kann weiter in der folgenden Strophe in einer anderen Zeit
oder an einem neuen Ort fortgesetzt werden usw. Das kann erzählend
formuliert sein, aber Objekte oder Bilder müssen in direkter Beziehung
zueinander stehen.
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- Meaning
linking
- realisiert
eine Verkettung zweier benachbarter Strophen durch die Bedeutung der Wörter,
durch Anspielung (Allusion) oder durch Zitate, geflügelte Worte,
„Teekesselchen“ oder andere Wortspiele.
- Zum
Beispiel bedeutet Schimmel in der einen Strophe ein weißes Pferd und in der
nächsten einen pilzartigen Überzug auf organischen Stoffen.
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- Scent
linking
- Bashô vertiefte
das Verkettungs-Konzept unter dem Begriff des „scent linking“, dem
Duft-Anschluss. Er und seine Nachfolger teilten das scent linking in mehrere
Kategorien ein.
- Wir
sprechen grundsätzlich von Scent Linking, wenn es bei der Verbindung
zwischen den Versen
- eher
zu einer Übereinstimmung von Stimmungen und Gefühlen kommt, als zu einer
rationalen Assoziation von Gedanken oder Ideen, die hinter den Versen
stehen.
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- Shift
- Prinzip des Voranschreitens und der Mannigfaltigkeit
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- Das Verlinken von einer Strophe zur nächsten
ist das Herz einer jeden Renku Komposition. Um aber Eintönigkeit und
Stillstand zu vermeiden, gilt es,
„progression and diversity“ (das Voranschreiten und die
Mannigfaltigkeit) zu beherrschen.
- Das
Renku lebt von den Prinzipien der Progression und der Verschiedenheit oder
kurz „shift“ (tenji) genannt. Es gilt, immer vorwärts zu schreiten zu neuen
Themen (siehe unten) und nicht zurückzuschauen.
- Progression
- Moving Ahead
- Die Grundidee des
„Voranschreitens“ ist es, keine gleichen Erfahrungen, Gefühle oder ähnliche
Themen in den wechselnden Versen zu verarbeiten. Es gilt, ein
Wiederauftreten von Merkmalen bzw. Verhaltensweisen oder eine (auch örtliche)
„Rückkehr“ innerhalb von drei aufeinander
folgenden Versen zu vermeiden.
- Betrachtet werden
in diesem Zusammenhang also immer drei aufeinanderfolgende Strophen: Die
„jüngste“ oder letzte Strophe wird „linking verse“ (tsukeku)
oder Anschluss-Vers genannt. die mittlere der drei Strophen heißt „preceding
verse“ (maeku), oder Mittelstrophe und die erste oder die
zuerst geschriebene heißt „leap over verse“ (uchikoshi)
Übersprung- oder Rückkehr-Strophe. Der Dichter des Anschlussverses muss
unbedingt eine Rückkehr (auch uchikoshi genannt) in die Welt
des Leap-Over-Verses vermeiden. Das heißt, der Autor eines jeden
Anschlussverses darf Worte, Themen oder
Elemente benutzen, die sich auf die Themenfelder bzw. Szenerie des
vorangegangenem (Mittel-)Verses beziehen. Er muss aber vermeiden, sich auf
Themen des Leap-Over-Verses oder der Strophen davor zu beziehen.
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- Diversity
- Die Verschiedenheit von Themen und deren Elemente
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- Innen – und Außenszenen sollten
nachvollziehbar wechseln und sich in den Linking - und in den Leap-Over
Versen nicht wiederholen. Dieses Prinzip gilt auch für Dinge, deren
Beschaffenheit, Stimmungen, Seelenzustände usw.
- In
der Zeit der klassischen Renga-Dichtung gab es lange Listen von topics and
materials, sogar von besonderen Wörtern,
- die
erst nach einer bestimmte Anzahl von Strophen wiederholt oder die nur so und
so oft innerhalb einer Renga-Dichtung benutzt werden durften. Aber diese
Listen galten im Wesentlichen nur für die Dichtungen in der Renga-Tradition
mit hundert und mehr Strophen.
- Die
meisten Dichtergruppen erlauben nur das einmalige Erscheinen eines topics
oder materials innerhalb eines Kasen – aber sie achten darauf, dass alle
diese Themen oder wenigstens jedes Themenfeld im Kasen wiederzufinden ist.
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- Schluss
- Balance is the Key (Gleichgewicht
und Harmonie beachten)
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- Bei
einer Renku-Dichtung ist es entscheidend, ein Gleichgewicht von „link“ und „shift“ zu wahren.
- Shift
(das Prinzip des Voranschreitens und der Verschiedenheit) ist das Gerüst für
die Struktur des Renku,
- während
link (die Arten der Verkettung)
das Fleisch und Blut sind, das die Qualität des Lebens beschreiben soll.
- Wird
shift (das Prinzip des
Voranschreitend und der Verschiedenheit) überbetont, laufen wir Gefahr, das
eigentliche Leben und damit den Spaß an der Renku-Dichtung zu verlieren.
Wird shift
(das Prinzip des Voranschreitend und der Verschiedenheit) ignoriert, wird
das Ergebnis monoton sein.
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