Übersicht über die Ordensburg.
Blick von Westen von Wollseifen
aus auf die Hundertschaftshäuser (Nr. 17 auf Geländeplan) mit
dahinter liegendem Hauptgebäude (Nr. 6) und dem Turm (Nr. 11).
Eines der Kameradschaftshäuser (das am höchsten gelegene, links
neben Nr. 16) ragt links unterhalb des Hauptgebäudes hervor.
Geländeplan der Burganlage
Der Innenhof der Ordensburg mit dem 48 m
hohen Turm (Wassertank)
Der erste Spatenstich zum Bau der Ordensburg
Vogelsang
Ankunft zur Kreisleitertagung auf der Ordensburg
Vogelsang vom 22. bis 29. April 1937, Aufnahme aus dem Bundesarchiv
Die NS-Ordensburg
Vogelsang ist ein von den Nationalsozialisten
auf dem Berg Erpenscheid [1]
errichteter Gebäudekomplex bei Gemünd/Eifel
oberhalb der Urfttalsperre
in Nordrhein-Westfalen.
Die Anlage diente der NSDAP
zwischen 1936 und 1939 als Schulungsstätte für den Nachwuchs ihrer Führungskader.
Der unter Denkmalschutz
stehende Teil der Bauwerke umfasst eine Bruttogeschossfläche
von mehr als 50.000 Quadratmeter und gilt nach den Parteitagsbauten
in Nürnberg mit fast 100 ha bebauter Fläche als die größte
bauliche Hinterlassenschaft des Nationalsozialismus
in Deutschland.
Nach dem Zweiten
Weltkrieg wurde der Komplex von britischen,
ab 1950 bis Ende 2005 von belgischen
Militärstreitkräften genutzt, die unter dem Namen „Camp
Vogelsang“ dort eine Kaserne
und im umliegenden Gelände den dazugehörigen
Truppenübungsplatz einrichteten.[2]
Seit dem 1. Januar 2006 ist die Anlage wieder der Öffentlichkeit
zugänglich, nachdem in dem erweiterten Militärgelände der Nationalpark
Eifel, der erste in Nordrhein-Westfalen, errichtet worden war. Nachdem
zunächst nur kleinere Baumaßnahmen durchgeführt wurden läuft seit dem
23. April 2012 bis voraussichtlich 2014 (Ausstellungseröffnung) der Umbau
der ehemaligen Ordensburg zum neuen Forum Vogelsang. Derzeit
befindet sich die Anlage noch im Besitz des Bundes,
soll aber mit Unterstützung der Landesregierung auf den Kreis
Euskirchen übergehen.
Geschichte
Planung
und Bau
1933 forderte Adolf
Hitler in einer Rede an der „Führerschule
des Sicherheitsdienstes“ in Bernau bei Berlin den Bau von neuen
Schulen für den „Führernachwuchs“ der Nationalsozialistischen
Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Mit dem Bau wurde der sogenannte
„Reichsorganisationsleiter“ Robert
Ley betraut. Ley gab den Bau dreier „Schulungslager“ (NSDAP-Ordensburgen)
in Auftrag:
Finanziert wurde der Bau, der größtenteils auf der
Gemarkung der Gemeinde Schleiden
vollzogen wurde, aus Geldern der enteigneten Gewerkschaften
und Arbeitgeberverbände.
Den Planungsauftrag für Crössinsee
und Vogelsang bekam der Kölner Architekt Clemens
Klotz. Am 16. März 1934 erfolgte der erste Spatenstich zum
„Reichsschulungslager Vogelsang“. Die Bezeichnung NS-Ordensburg
für die drei Bauwerke wurde erst ab 1935 üblich. Die Burg Vogelsang
wurde im ersten Bauabschnitt von bis zu 1.500 Arbeitern innerhalb von nur
zwei Jahren errichtet.
„Burgkommandant“ war zwischen dem 22. September
1934 und dem 1. Juli 1937 Franz
Binz, der sich zuvor als Kreisleiter der NSDAP für Schleiden für den
Bau eingesetzt hatte.
Zusätzlich zu den auf Vogelsang errichteten
Bauwerken waren noch weitaus größere Bauten geplant. Unter anderem
sollte ein gigantisches „Haus des Wissens“ als Bibliothek entstehen,
das die vorhandenen Gebäude schon alleine mit seiner Grundfläche von 100
m × 300 m buchstäblich in den Schatten gestellt hätte. Darüber hinaus
war ein „Kraft
durch Freude-Hotel“
mit 2.000 Betten geplant. Auf Vogelsang sollten zudem die größten
Sportstätten Europas entstehen. Die teilweise bereits begonnenen
Bauarbeiten wurden bei Kriegsbeginn eingestellt.
Folgende Bauwerke wurden geplant und teilweise auch
ausgeführt:
- Der Eingangsbereich mit Tor und zwei Türmen (größtenteils
fertiggestellt),
- Das Haus des Wissens (nur Sockelmauern
fertiggestellt),
- Das Gemeinschaftshaus mit Adlerhof,
Turm, Ost- und Westflügel (fertiggestellt, teilweise kriegszerstört),
- Die Burgschänke (fertiggestellt),
- Zehn Kameradschaftshäuser für jeweils 50
Zöglinge (fertiggestellt, teilweise kriegszerstört),
- Vier Hundertschaftshäuser für jeweils 100 Zöglinge
(fertiggestellt),
- Der Thingplatz
als Veranstaltungsbühne (fertiggestellt),
- Sportanlagen mit Tribüne, Turn- und Schwimmhalle
(fertiggestellt),
- Das Feuermal Fackelträger
(fertiggestellt),
- Das Haus der weiblichen Angestellten
(fertiggestellt).
- Dorf Vogelsang auf der anderen Talseite, als
Unterkunft für die Bediensteten und deren Familien (teilweise
Rohbauten)
Ideologisch-künstlerische
Gestaltung
Besuch Hitlers auf der Ordensburg, Aufnahme aus
dem Bundesarchiv
Grundriss eines Kameradschaftshauses
Die meisten Plastiken in Vogelsang – Fackelträger,
Der deutsche Mensch und das Sportlerrelief – stammen
von Willy
Meller. Während die Holzplastik Der deutsche Mensch 1945
verschwunden ist, sind die beiden anderen Plastiken – teilweise
beschädigt – bis heute erhalten. (siehe Galerie)
Der Fackelträger am Thing-Platz (auch Sonnwendplatz
genannt) ist eine 5 m hohe, martialisch-muskulöse Gestalt des nach der
NS-Ideologie zu züchtenden arischen "Herrenmenschen". Die
Inschrift auf der Reliefplatte lautet: Ihr seid die Fackelträger der
Nation. Ihr tragt das Licht des Geistes voran im Kampfe für Adolf Hitler.
Das Sportlerrelief (1938) aus roter Lava an
der Stirnwand der Ehrentribühne ist stark verwittert und weist darüber
hinaus Schäden durch Einschusslöcher auf.
Nach einem Besuch Adolf Hitlers im Jahre 1937 wurde
das Eingangstor mit Dorischen
Säulen ohne irgendeine statische
Funktion ergänzt. Berichten zufolge ging die Initiative dazu von Hitler
selbst aus. Darüber hinaus waren Teppichzyklen von Willy
Meller, eine von Ferdinand Liebermann geschaffene Bronzebüste, Adolf
Hitler darstellend, oder ein Intarsienbild von dem Kölner Bildhauer Josef
Pabst ausgestellt. Ein Marmorputzmosaik von Ernst Zoberbier war in der
Schwimmhalle, und ein Gobelin
von Peter Hecker, "Siegfrieds Tod" und "Der Kampf in Etzels
Saal" darstellend, vervollständigten die nationalsozialistische Propagandakunst,
deren "Lehrmeister" im Umfeld Werner
Peiners und der Hermann
Göring Meisterschule für Malerei zu suchen sind[3].
NS-Schulungsburg
ab 1936
Am 24. April 1936 wurden die drei Ordensburgen in
einem Festakt an Adolf Hitler übergeben. Wenig später rückten die
ersten 500 NS-Junker
auf Vogelsang ein. Die Lehrgangsteilnehmer kamen aus ganz Deutschland. Sie
waren auf Vorschlag der Gauleitungen von Robert Ley handverlesen ausgewählt
worden. Die meisten waren Mitte zwanzig. Voraussetzung waren erste „Bewährung“
in der Parteiarbeit, völlige körperliche Gesundheit, Arbeits- und Militärdienst
sowie ein Abstammungsnachweis.
Weiterhin mussten die Bewerber auf Anordnung von Robert Ley verheiratet
sein, dagegen interessierten ihre schulischen Leistungen überhaupt nicht.
Den Bewerbern war bei ihrem Eintritt versprochen worden, dass sie nach
Abschluss der Ausbildung jedes Regierungs- und Verwaltungsamt in
Deutschland bekleiden könnten.
Der Stundenplan sah vor: 6:00 Uhr Frühsport, 7:00
Uhr Fahnenappell, 8:00 bis 10:00 Uhr Arbeitsgemeinschaften, 10:00 bis
12:00 Uhr Vortrag im großen Hörsaal durch Gast- oder Hauptlehrer,
nachmittags Sport, 17:00 bis 18:30 Uhr Arbeitsgemeinschaften, 22 Uhr Zapfenstreich.
In den Hauptvorlesungen zu den Themen „NS-Rassenkunde“
und „Geo-Politik“ wurden die „Junker“ mit aggressiven außenpolitischen
und rassistischen Thesen indoktriniert. Daneben gab es intensive
sportliche Schulung, der Schwerpunkt dieser Ausbildung lag bei der
Ordensburg Vogelsang auf dem Reitsport.
Die Lehrgänge auf den „NS-Ordensburgen“ sahen
auch eine Pilotenausbildung vor. Zu diesem Zweck wurden Flugplätze an
allen drei Burgen gebaut. Der Vogelsanger Flugplatz entstand in der Nähe
des Walberhofes, nahe der Ortschaft Schleiden-Morsbach.
Nach der Eröffnung des Schulbetriebs nutzte die
politische Prominenz des Dritten Reichs Vogelsang auch als Repräsentationsort.
Adolf Hitler sowie weitere führende Mitglieder des NS-Staates besuchten
mehrfach die Ordensburg. Auf Wunsch der NS-Parteileitung in Berlin wurde
die Ordensburg Vogelsang von insgesamt 16 Bunkern
des Westwalles
gesichert, deren Reste noch heute erkennbar sind und am 1. Dezember 2006
unter Denkmalschutz gestellt wurden.
Nutzung
durch die Wehrmacht ab 1939
Beim Kriegsausbruch im September 1939 wurden die
Junker entlassen, die Burg Vogelsang wurde der Wehrmacht
übergeben. Diese nutzte die Bauwerke zweimal als Truppenquartier: Einmal
beim Westfeldzug
1940, danach im Rahmen der Ardennenoffensive
im Dezember 1944.
Zwischenzeitlich waren auf Vogelsang mehrere Klassen
sogenannter Adolf-Hitler-Schulen
untergebracht.
1944 bestand dort ein Wehrertüchtigungslager, in
dem 15 bis 16 Jahre alte Jugendliche aus der Hitler-Jugend
militärisch ausgebildet wurden. Durch alliierte Luftangriffe wurden
einige Gebäude zerstört, darunter der Ostflügel und die Turnhalle.
Kaserne
/ Truppenübungsplatz ab 1946
Die belgische Kaserne "Van Dooren"
Gelände des Truppenübungsplatzes Vogelsang
Zur allgemeinen Geschichte des Truppenübungsplatzes
siehe Truppenübungsplatz
Vogelsang.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges Anfang 1946 erwog
die britische Militärverwaltung zeitweilig den Abriss der Ordensburg als
herausragendes Symbol des Nationalsozialismus. Im September 1946
beschlagnahmten die Briten dann 42 km² Land rings um die Ordensburg als
Truppenübungsplatz. Im Jahr 1950 wurde der Truppenübungsplatz
(„Training Area“ Vogelsang) mitsamt der ehemaligen Ordensburg von den
Briten an die belgischen Streitkräfte übergeben.
Das belgische Militär nutzte das Gelände dann ab
1950 ebenfalls für den Truppenübungsplatz „Camp Vogelsang“ und
errichtete auf der Anlage der ehemaligen Ordensburg die Kaserne „Van
Dooren“ und weitere Nebengebäude. Dabei wurden die bereits
fertiggestellten Sockelmauern des von den Nationalsozialisten geplanten Hauses
des Wissens als Außenmauer für die Kaserne „Van Dooren“ genutzt,
so dass der gewinkelte Baustil dem Bau der Gebäude aus der NS-Zeit ähnelt.
Auf dem benachbarten Fundament
eines geplanten Hörsaales wurde das belgische Truppenkino (später
Theater) errichtet.
Auf der Ordensburg Vogelsang selbst wurden von der belgischen
Militärverwaltung behutsame Rekonstruktionen der kriegszerstörten
Bausubstanz vorgenommen. Beseitigt wurden nur die Hoheitsabzeichen des
Dritten Reiches, im Wesentlichen Hakenkreuze.
Mit Gründung der NATO und Aufnahme der
Bundesrepublik Deutschland übten auch andere NATO Einheiten auf dem Übungsplatz.
Dazu bezogen sie z.T. auch Truppenunterkünfte innerhalb der
Kasernenanlage. Von 1957 bis 1975 gab es ein deutsches
Verbindungskommando, von 1997 bis 2005 einen Deutschen Militärischen
Vertreter (DMV) die innerhalb der Kasernenanlage stationiert waren.[4]
Zum Jahresende 2005 hin endete die militärische Nutzung von „Camp
Vogelsang“.
Zivile
Nutzung seit 2006
Nach Aufgabe des Truppenübungsplatzes
steht das Areal der ehemaligen Ordensburg mit den gewaltigen Bauwerken
seit dem 1. Januar 2006 einer zivilen Nutzung offen und kann tagsüber
besichtigt werden, ein Teil der umliegenden Flächen ist durch Rad- und
Wanderwege erschlossen. Seit Herbst 2009 schafft die Victor-Neels-Brücke
über den Urftsee - eine 150 m lange Stahlkonstruktion, benannt nach dem
belgischen Camp Vogelsang-Kommandanten 1970-1980 - eine Verbindung
zwischen Vogelsang und dem Rad- und Wanderwegenetz zwischen
Urft-Sperrmauer, Gemünd
und dem Kermeter.
Die 2005 gegründete "Vogelsang ip gemeinnützige
GmbH" hat sich die Umgestaltung und verschiedenen neuen
Nutzungskonzepte der gesamten Anlage zur Aufgabe gemacht.
Ein temporäres Besucherzentrum mit Restauration
wurde bereits 2006 in der ehemaligen Kantine der Burg (Ostflügel)
eingerichtet und 2008 erweitert. Es finden regelmäßig (meist täglich)
mehrsprachige Führungen für Gruppen und Privatpersonen statt, welche am
Besucherzentrum starten (derzeit am Kino). Zudem finden regelmäßig
Besteigungen des 48 m hohen Turmes statt, von welchem die Besucher einen
guten Ausblick auf den gesamten Nationalpark genießen können (bis 2014
nicht möglich wegen Umbauarbeiten). Zudem werden sämtliche Gebäude und
Skulpturen durch weithin sichtbare, gelbe Informationstafeln erklärt und
zwei Rundgänge (Hang- und Plateaurundgang) ausgeschildert.
Neben dem historischen Hallenbad ist das Jugend-,
Natur- und Umweltbildungshaus „Transit 59“ des Roten Kreuzes, das Rotkreuz-Museum
vogelsang ip und das restaurierte Kino aus den 50er Jahren schon eröffnet
und mit jeweils eigenen Bildungsprogrammen belebt.
Es ist geplant, die Verwaltung des Nationalparks
Eifel in den Gebäuden des Malakoff genannten Torbereichs im
Eingang zur Anlage unterzubringen.
Seit dem 23. April 2012 bis voraussichtlich 2014
(Ausstellungseröffnung) läuft nun der Umbau zum neuen Forum Vogelsang,
nachdem bereits 2011 das belgische Truppenkino aus dem 1950er Jahren
saniert wurde. In diesem befindet sich bis zur Fertigstellung des Forums
nun das temporäre Besucherzentrum. Beim Umbau sollen ein neues, zentrales
Besucherzentrum, eine Ausstellung
auf 800 m² zur Geschichte der NS-Ordensburg in Verknüpfung mit
allgemeinen Themen des Nationalsozialismus, ein große
Nationalpark-Ausstellung sowie zusätzliche Wechselausstellungen in den
bisher leerstehenden und ungenutzten Kellerräumen der Ordensburg
untergebracht werden. Vom Adlerhof soll dann auch ein neuer Eingang zu den
Kellerräumen in Form einer mit einem grünlichen Glasaufbau überdachten
Treppe errichtet werden. Dieser Entwurf wurde auf Basis der Ergebnisse
eines internationalen Architekturwettbewerbs im Jahr 2008 ausgewählt. Das
ehemalige Kino selbst soll nach den Umbauarbeiten für Veranstaltungen
genutzt werden und zudem Kernstück eines neuen Tagungszentrums werden;
neben den bereits heute zu Tagungszwecken genutzten Räumen des Forums
West und Ost.
Das NS-Hallenschwimmbad, das auch das belgische
Militär nutzte, sollte nach 2006 ursprünglich in eine Bar verwandelt
werden,[5]
wurde schließlich aber doch erhalten, restauriert und wird heute durch
den lokalen Schwimm- und Sportverein wieder genutzt. Es ist Teil der
umfangreichen Sportanlage, deren Sanierung noch bevorsteht.
Unklar ist hingegen die Zukunft der belgischen
Kaserne "Van Dooren". Aufgrund der hohen Unterhaltungskosten der
nicht vorhandenen Nutzung könnte das Gebäudes mittelfristig abgerissen
werden (außer des Fundamentes aus der NS-Zeit).