Die Renovierung der Deutzer Orgel
Gutachten des Orgelsachverständigen Oberstudienrat Günter
Eumann (Landeskirchenamt Düsseldorf) über den Zustand der
Orgel vor der durchzuführenden Renovierung:
[...] am 24.10.1998 hat der Unterzeichnete die Orgel der Johanneskirche
in Köln-Deutz in Gegenwart von Presbyterin Rosenfeldt, Presbyter
Fuchs und Kantor Ittig besichtigt und geprüft. Die Orgel war bis
auf einige versagende Töne in der großen Oktave im Register
Principal 4' uneingeschränkt funktionsfähig. Auch klanglich
konnte die Orgel überzeugen, wenngleich im Jahre 1963 die stilistischen
Eigentümlichkeiten der Orgelbewegung mit in das Klangkonzept eingeflossen
sind. Herr Kantor Ittig beklagt die unzuverlässigen Trakturen,
die immer wieder zu Reparaturen Anlass gene und belegt dies mit einer
Liste von Störungen, die von 1980 bis heute an der Orgel festgestellt
wurden. Nicht weniger als neun verschiedene Orgelbaufirmen wurden an
die Orgel gebeten, um Verbesserungvorschläge zu machen. Diese sind
im Hinblick auf die Massnahmen und die zu erwartenden Kosten sehr unterschiedlich
ausgefallen. Die Vorschläge reichen von der Erhaltung der Traktur
bis zur Umänderung in eine mechanische Holztraktur mit Abstrakten
und wellenbrettern. Ein Orgelbauer schlägt allen Ernstes die Elektrifizierung
der Traktur vor, eine Massnahme, die völlig indiskutabel sein dürfte.
Der Unterzeichnete hatte beim Spiel der vorhandenen Nylonseiltraktur
keinen schlechten Eindruck. Der in den Sechzigerjahren von dem Organologen
Dr. Walter Supper, Esslingen/Württ. Geplante und gestaltete Orgelprospekt
mit drei übereinanderliegenden und seitlich versetzten Werkgehäusen
muss als eine große gestalterische Leistung gewürdigt werden.
Die Anordnung der Teilwerke ist so beschaffen, dass eine normale mechanische
Traktur die Ventile an den einzelnen Laden nur mit viel Aufwand und
mit zahlreichen Umlenkungen erreicht hätte. Insofern kam dem Erbauer
der Orgel, der Firma Will Peter aus Köln-Mülheim die gerade
erfundene Nylonseiltraktur sehr gelegen. Damit konnte er die Werke frei
durch den Raum mit wenigen Umlenkungen nahezu auf direktem Wege erreichen
und dabei sogar eine weitaus größere Sensibilität erzielen,
als es die Holztraktur gestattet hätte. Die Tastengewichte liegen
laut Messung mit der Tastenwaage sämtlich im Toleranzbereich. Die
Tonan- und absprache der Pfeifen war durch die Traktur nicht beeinträchtigt.
Wir sind deshalb der Meinung, dass eine Änderung der Traktur in
Holzbauweise gegenüber der vorhandenen keine entscheidenenden Verbesserungen
mit sich bringt und die auf rund 42.000,-- DM bezifferte Investition
(Angebot Peter 03.03.1998) vergeblich wäre. Andere Angebote (z.B.
Klais) gehen in der Preisvorstellung noch weit über diesen Betrag
hinaus. Der Unterzeichnete schlägt daher vor, die von der Firma
Karl Schuke in Berlin angebotene Überarbeitung der vorhandenen
Seilzugtrakturen in Auftrag zu geben. Hauptstörungsquelle war immer
die richtige Spannung der Trakturseile, die sich durch klimatische Einflüsse
ausdehnen bzw. zusammenziehen. Wenn es gelingt, eine automatische Spannvorrichtung
in die Trakturen einzubauen, könnte dieses Phänomen beseitigt
oder zumindest eingeschränkt werden. Es sind weiterhin Materialermüdung
an einzelnen Innen- und Prospektpfeifen festgestellt worden, so dass
einige Pfeifenfüße das Gewicht der Pfeifen nicht mehr halten
und beginnen, sich zu verformen. Hier sind unverzüglich Gegenmassnahmen
zu ergreifen. Das Hauptmagazin war an vier Stellen angebohrt, um Wind
auszulassen. Diese Massnahme ist zur Regulierung des Winddruckes nicht
geeignet. Eine Generalreinigung der Orgel ist zur Zeit noch nicht notwendig.
Wir empfehlen, mit der Firma Karl Schuke in Berlin mit dem Ziel eines
detallierten Massnahmenkatalogs in verbindung zu treten. Wir halten
diesen Schritt im Sinne der Erhaltung dieser nicht alltäglichen
Orgel und auch im Hinblick auf eine vernünftige Kostenbegrenzung
für sinnvoll. [...]
>weiter
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