Ein Tischgespräch

 

Dieter: Legalisierung ist, wenn ich meine Tüte in Ruhe rauchen kann, nachdem ich mein Piece einfach so kaufen konnte. Warum nicht im Supermarkt? Bei Alkohol und Zigaretten funktioniert das doch auch. Der Staat könnte sogar eine Menge Steuern einnehmen.

Mona: Willst du es den Regierigen schmackhaft machen? Die bedienen sich doch bereits zur Genüge. Dieser Wahnsinn muss ein Ende haben. Ein für allemal. Schluss mit den Lügenmärchen!

Dieter: Gelogen wird doch überall und ständig.

Mona: Tolle Entschuldigung! - Eben das muss sich ändern. Daran krankt doch das ganze System.

Thorsten: Eine Legalisierung von Hanf verändert die Gesellschaft. Nichts bleibt wie es war. Stellt euch mal die Millionen Raucher vor, die plötzlich rehabilitiert sind, die einfach fröhlich ihre Bong rauchen.

Uschi *g*: Ja, auch für mich fühlt sich Freiheit einfach nur gut an. Die Angst ist weg. Ein richtiges Aufatmen.

Mr. Joint: Man muss den Menschen die Wahl lassen, ob sie Alkohol trinken wollen, oder lieber rauchen.

Heidrun: Als in den USA der Alkohol verboten wurde, haben die Leute Wein in der eigenen Badewanne hergestellt, oder sich auf dem Schwarzmarkt versorgt. Innerhalb kürzester Zeit kontrollierte die Mafia den Handel. Die Menschen ließen sich das Verbot nicht gefallen und die Prohibition musste von der Regierung zurückgenommen werden. Die Kiffer hingegen sind so gutmütig, dass nichts passiert.

Mona: Stimmt. Die bekommen den Arsch nicht hoch. Die fürchten sich. Kein Alkoholiker würde sich so etwas gefallen lassen.

Thorsten: Dann läuft es also doch auf einen Kampf hinaus.

Heidrun: Gewalt ist bestimmt keine Lösung. Sicher wäre es aber von Vorteil, wenn wir Raucher diese fatale Demutshaltung ablegten. Millionen Menschen geschieht seit vielen Jahrzehnten Unrecht. Es sind gewählte Volksvertreter, die uns gängeln und aus Macht- und Geldgier wider besseres Wissen haarsträubende Geschichten über Cannabis verbreiten. Und uns damit das Leben schwer machen. Es ist purer Untertanengeist, der sie gewähren lässt. Wir sind es, die umdenken müssen. Es braucht eine Revolution des Bewusstseins. Wir sollten jegliche Einschränkung ablehnen. Legalisierung ohne Wenn und Aber. Eine ganz klare Linie. Keine mini Bedarfsmengen. No limits. Free for fun!

Thorsten: Ach, diese Amerikanismen. Als ob wir mit Polemik weiterkämen. Du hast auch leicht daherreden. Wenn ich in der Klinik den Mund auch nur ein bisschen aufmachen würde, wäre ich sofort meinen Job los.

Dieter: Letztlich ist das vergleichbar mit jeder Verfolgung. Im Dritten Reich war es doch genau so: Eine fixe Idee - und Millionen Opfer.

Mona: Halt, halt. Zwischen Judenverfolgung und Hanfverbot ist ja schon ein Unterschied.

Dieter: Welcher?

Mona: Na, die Juden wurden damals aufgrund ideologischer Hirnrissigkeiten verfolgt, und die Kiffer seit Jahrzehnten, weil sie ein Rauschmittel benutzen.

Dieter: Ein so genanntes Rauschmittel. Das beruht doch hier wie dort auf den gleichen Hirnrissigkeiten. Auf verrückten Vorstellungen. Bei den Juden wie beim Hanf ist es die blanke Propaganda, die den Menschen das Denken abnimmt. Oder rauscht es jetzt bei Dir? Müsste es doch, so wie du vorhin inhaliert hast. *g*

Mona: Fest steht, dass bei der Hanfverfolgung keiner stirbt.

Heidrun: Da sage ich jetzt mal "Halt". Es gibt einen sozialen Tod. Den haben die Juden damals erlitten, noch bevor sie im KZ umkamen. Und diesen sozialen Tod gibt es immer noch. Heutzutage leiden die Kiffer darunter. Oder beispielsweise Homosexuelle. Sich vor der Familie, den Nachbarn und Arbeitskollegen verstecken zu müssen, macht vielen das Leben schwer. Es gibt Fälle von Selbsttötung. Weil die Leute es nicht mehr packen. Weil sie glauben nicht bestehen zu können, vor der Idee im Kopf ihres Mitmenschen. Weil sie selbst unsicher und angsterfüllt sind, von all diesen Unfugsinformationen. Und weil einzelne unsäglichen Repressalien ausgesetzt sind. Und das einzige Vergehen, dessen sie sich schuldig machen, ist Hanf zu rauchen.

Uschi: Wollten wir nicht darüber sprechen, was uns die Legalisierung bringt? Ist übrigens jemandem aufgefallen, dass da gleich zwei Fragen drin stecken?

Dieter: Ja, zum einen: was bringt uns hin zur Legalisierung. Und dann: was ändert sich nach einer Freigabe.

Thorsten: Lasst uns über die Zeit danach reden. Ich beispielsweise könnte schon im Zug rauchen. Ich käme ganz entspannt zuhause an. Klasse wäre das. Ich würde genussvoll meine Tüte rauchen, während ich mich nach dem Dienst von der Bahn nach Hause schaukeln lasse.

Uschi: Ich könnte an bestimmten Tagen mittags ganz bequem in der Kanzlei rauchen. Im Moment drücke ich mich einmal im Monat auf dem Hinterhof herum und hoffe, dass keiner was merkt. Vermutlich würde mich meine Chefin bald mit Süßigkeiten überhäufen. So wie sie mir jetzt schon hin und wieder Pralinen schenkt. Ich tippe nämlich wie eine junge Göttin, wenn ich geraucht habe.

Mona: Für mich wäre es erlösend, nicht mehr auf dem Schwarzmarkt einkaufen zu müssen. Auf diesen Nervenkitzel verzichte ich gerne. Ich würde nett shoppen gehen, das Angebot der verschiedenen Läden prüfen, vielleicht gäbe es auch Testpiece, jedenfalls eine entspannte Atmosphäre, Verlässlichkeit, Qualität, Auswahl.

Heidrun: Mir wird ganz warm ums Herz.

Dieter: Ja. Und die entspannte Atmosphäre gäbe es genauso in den Erzeugerländern, bei den TransporteurInnen, bei den Verkäufern.

Thorsten: Ganz viele warme Herzen. All over the world.

Heidrun: Na, jetzt aber!

Mr. Joint: Hey, das riecht gut. Ich glaube, die Pizza ist so weit.

Allgemeines Stühle rücken.

Mona: Suuuper. Selbst gemacht ist doch am Besten. LECKER. Und jetzt noch ein Käffchen hinterher. Kaffee war hierzulande übrigens auch mal verboten.

Dieter: Genau der richtige Moment, eine Frage einzuwerfen. Was bringt uns denn nun die Legalisierung. Wie kommen wir frei?

Mr. Joint: Vielleicht so, wie wir zur Pizza kommen.

Heidrun: Was Pizza?

Mr. Joint: Ich meine, alles was zu überlegen, zu besorgen, vorzubereiten ist, wenn ich möchte, dass abends zu einer bestimmten Zeit Pizza für sechs Freunde auf dem Tisch steht. Ich meine das im übertragenen Sinne. Beispielsweise muss frühzeitig der Teig hergestellt werden. Er muss dann eine Zeit ruhen, gehen wird das genannt, bevor er ausgewellt und belegt werden kann. Weiter ist zu bedenken, was als Belag drauf soll. Mona will viele Zwiebeln am Thunfisch, Dieter liebt Salami und scharfe Peperoni, Thorsten möchte Tomaten mit einer Spur Basilikum und Käse. Vielleicht muss ich erst einkaufen gehen, weil ich einige Sachen gar nicht zuhause habe. Unter Umständen hole ich auch Salat, ein paar Knabbereien, Getränke für den Abend ...
Langer Rede kurzer Sinn: Wenn ich ein konkretes Ergebnis haben will, muss ich mir vorher überlegen, wie mein Ziel aussieht, beispielsweise die Pizza, und dann erst kann ich losgehen, die Zutaten zusammenstellen und mit Kochen beginnen.

Heidrun: Du meinst, dass wir nirgendwo hinkommen, weil wir Hanfraucher nicht wissen, wo wir hinwollen?

Mr. Joint: Genau.

Dieter: Da wir uns kaum vorstellen können, was Legalisierung eigentlich meint, drehen wir uns im Kreise. Wir treten auf der Stelle, weil das Ziel unklar ist. Und jedes Jammern über die Gefangenschaft verbraucht nur Kraft.

Mona: Kraft, die besser dem Erreichen unseres Zieles dienen könnte!

Uschi: Hey, kann es sein, dass wir Angst vor der eigenen Courage haben? Also, ich meine das so: nehmen wir an, alle Hanfprodukte sind seit einigen Monaten frei käuflich. Da verliert der Sohn einer Nachbarin seinen Job, weil er morgens immer verpennt. Sie heult sich bei dir aus, erzählt, dass er in letzter Zeit viel raucht und lieber Musik hört, als seine Lehre als Heizungsinstallateur zu Ende zu machen. Ein halbes Jahr vor der Gesellenprüfung! Die Frau ist völlig fertig. Was soll nur aus dem Jungen werden? - Nun gut, jetzt kannst du wissen, dass es immer schon ein bisschen schwierig mit ihm war. Die Trennung seiner Eltern machte ihm zu schaffen, die Lehre begann er der Mutter zuliebe, und bereits vor der Legalisierung war er ein mehr musisch interessierter Nachtmensch. - Ich frage: würden wir in so einem Fall auf die Idee kommen, das Hanfrauchen hätte dem jungen Mann geschadet? Oder wäre es für uns klar, dass es die Lustlosigkeit der ungeliebten Ausbildung gegenüber ist, der Druck, etwas machen zu müssen, für das er eigentlich gar kein Interesse hat? - Kann es sein, dass auch bei Otto und Ottilie Kiffer die jahrelange Propaganda ihre Wirkung zeigt? Dass wir insgeheim und wider bessere Erfahrung fürchten, es könnte doch was dran sein, und Hanf tatsächlich demotivierend wirken?

Mr. Joint: Wow.

Heidrun: Volltreffer. Oh, oh. Ich fürchte, das hat was.

Uschi: Warum fürchten? Verstehe ich jetzt nicht. Wenn die Erklärung so einfach ist, dann ist das doch klasse. Das ist doch das Wesen jeder Propaganda, jeder Beeinflussung, dass es hineinsickert, sich einnistet. Wenn wir damit eine der Fußangeln entdeckt haben, ist das wunderbar. Eine Spontanheilung! - Und als Nebeneffekt können wir jetzt die Meinungsbildung bei Nichtrauchern etwas besser verstehen. Die verfügen über keine eigenen Erfahrungen. Die hören doch nur ständig, wie gefährlich Hanf ist.

Mona: Und wir Raucher tun zwar so, als wüssten wir Bescheid. Insgeheim fürchten wir jedoch zuweilen, an den Warnungen könnte doch etwas daran sein.

Thorsten: So wie bei Hildegard von Bingen, die sagt, einem guten Kopf tue Hanf wohl. - Haben wir vielleicht alle ein bisschen Angst, wir könnten doch keinen "guten Kopf" haben, Hanf vielleicht - wider bessere Erfahrung - vergesslich, unzuverlässig und träge machen? Mein Studium hätte ich ohne die Entspannung durch das Rauchen vergessen können. Nach Stunden beim Pizzabringdienst war mir überhaupt nicht mehr nach Lernen. Ich war wie ausgebrannt, wenn der Abend um war. Heute habe ich das Gefühl oft, wenn ich von Station komme. Dann glaube ich, den falschen Beruf gewählt zu haben. Was kann ich auch schon ausrichten als Arzt. Letztlich repariere ich Funktionsträger. Ich halte das Ganze am Laufen, arbeite einer Gesellschaft zu, die ich als verderblich für ihre Mitglieder ansehe, als zerstörerisch.

Dieter: Ich als Fernmeldetechniker auch.

Heidrun: Dito. Als Erzieherin bin ich mitten drin.

Mr. Joint: Sollen wir jetzt alle die Jobs aufgeben? Oder die Kiffer zum Generalstreik aufrufen?

Mona: Hey, ich bin froh, dass ich ein Einkommen habe! Diese Streiksachen sind doch völlig überholt.

Uschi: So eine Gemeinschaftsaktion hat vor Jahrzehnten schon nicht funktioniert. Denkt an den Gebärstreik der Frauen. Wenn es um die eigene Lebensplanung geht, ist schnell die Luft raus.

Thorsten: Heiße Luft.

Heidrun: Apropos. Vielleicht kommen wir mit ein bisschen Physik weiter.

Mona: Ömmm.

Mr. Joint: Aber schön langsam, zum Mitdenken *g*

Heidrun: Ihr kennt doch diesen Albert Einstein. Der mit der Relativitätstheorie. Genau. Also dieser Physiker war davon überzeugt, dass alles-was-ist mit allem-was-ist zusammenhängt. Er meinte, dass es genügen würde, wenn 2 Prozent der Weltbevölkerung sich eindeutig ausrichten. Das ergäbe dann, jetzt mal mit meinen Worten gesagt, schon die kritische Masse. Ich meine, dieser Mann war ein echt großer Kopf. Wenn er dachte, dass 2 % der Menschheit - ganz klar zu etwas entschlossen, allerdings - genügen, das Bewusstsein des Restes der Leute, im Sinne der zwei Prozent zu beeinflussen, dann sage ich, dass wir gute Chancen hätten.

Mona: Du meinst: haben.

Thorsten: Ich finde auch: Wir haben gute Chancen.

Mr. Joint: Ein schönes Schlusswort. Dann bringe ich jetzt mal den Nachtisch.

 


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