Hunde in der Bibel
Wenn man mit Hundefreunden über die Bibel redet, wird man manchmal gefragt, ob auch Hunde darin vorkommen. Ja, sie kommen vor, allerdings nicht sehr oft. Vierzehnmal werden Hunde erwähnt, als Begleiter des Hirten bei Ijob (Ijob 30,1), meist jedoch als wilde herumstreunende Tiere, die für den Menschen gefährlich sein können und deshalb gefürchtet, aber auch verachtet sind. Noch heute kennt man das Wort «Hund» als Beschimpfung oder Beleidigung, als abwertend für einen gemeinen Menschen, Lumpen, Schurken. Beispiele für herumstreunende gefährliche Hunde findet man mehrfach im ersten Buch der Könige: Wer von Baesa stirbt, den sollen die Hunde fressen. (1 Kön 16,4) - So spricht der Herr: An der Stätte, da Hunde das Blut Nabots geleckt haben, sollen auch Hunde dein Blut lecken. (1 Kön 21,19) - Die Hunde sollen Isebel fressen an der Mauer Jesreels. (1 Kön 21,23) - Und da sie den Wagen wuschen bei dem Teiche Samarias, lecketen die Hunde sein Blut. (1 Kön 22,38).
Im Neuen Testament kommen Hunde in Gleichnissen vor. Der Evangelist Matthäus erzählt, dass Jesus einer kanaanäischen Frau begegnet, die seinen Segen für ihre Tochter erbittet: Aber er antwortete und sprach: Es ist nicht fein, dass man den Kindern ihr Brot nehme, und werfe es vor die Hunde. Sie sprach: Ja, Herr; aber doch essen die Hündlein von den Brosamlein, die von ihrer Herren Tisch fallen. (Mt 15,26-27) - Beim Evangelisten Lukas ist es der «arme Lazarus», der mit Hunden in Berührung kommt, doch sie fallen ihn nicht an, sondern «lecken ihm seine Wunden». Es heißt: Und begehrte, sich zu sättigen von den Brosamen, die von des Reichen Tische fielen; doch kamen die Hunde, und lecketen ihm seine Schwären. (Lk 16,21) - Hier handelt es sich wohl schon um Hunde, die im Hause gehalten wurden, die sich «von ihrer Herren Tisch» ernähren, die gezähmt sind und zutraulich.
Solch ein gezähmter zutraulicher Hund, ein treuer Begleiter, wie wir uns das auch heute von einem Hund vorstellen, begegnet uns allerdings auch schon in der alttestamentarischen apokryphen Geschichte von Tobias, der sich mit seinem Begleiter, dem Erzengel Raphael, auf eine lange Wanderschaft begibt: Und Tobias zog hin, und sein Hündlein lief mit ihm. (Tob 6,1)
Dieses Motiv greift Ulrich Leive als vielfach bearbeitete Variante seiner Wanderer-Bilder auf und macht daraus eine eigene Serie Wanderer mit Hund. Ihn spricht das Thema besonders an, hat er doch selbst seit mehr als fünfzehn Jahren einen kleinen Hund, den Pekinesen-Dackel-Mix Joschi, in den er so vernarrt ist, dass er für ihn die «am meisten ausgezeichnete Hundeseite der Welt» ins Netz gestellt hat. So erkennen wir auf vielen seiner Bilder auch die Chiffren vom Maler selbst und seinem Hund. Diese Motive und bestimmte weitere Motivgruppen tauchen immer wieder auf. Hauptgegenstand ist immer eine kleine menschliche Figur, die auf den Umriss reduziert ist, meist ähnelt sie den Figuren in seinen Wanderer-Bildern, manchmal ist sie noch stärker vereinfacht, wie man es von Kinderzeichnungen her kennt. Dazu gesellt sich ein Hund, der auch meist auf ein bloßes Zeichen reduziert ist, wobei verschiedene Ausführungen vorkommen, und zwar wird meist, wie gesagt, andeutungsweise der eigene Hund dargestellt, gelegentlich sieht man aber auch die stilisierte Darstellung anderer Hunderassen, falls es denn überhaupt je so konkret wird.
Figur und Hund wandern durch eine abstrahierte Landschaft, die sich aus stets wiederkehrenden Einzelelementen zusammensetzt: Sonne, Berge, Wolken, ein Baum oder Bäume, Blumen (in Sternen- oder Tulpenform), gelegentlich taucht eine Mondsichel auf oder auch ein sternenförmiges Symbol oder es gibt magische Zeichen, Pentagramme, Runen oder nicht eindeutig benennbare Zeichen und Symbole zu sehen, die oft als ästhetische Akzentuierungen eingesetzt werden und dem Betrachter als undefinierbares «Gekritzel» erscheinen können.
Die fast immer hochformatigen Bilder haben keinen Vordergrund oder Hintergrund, es gibt nur den Bildgrund wie in beinahe allen Bildern des Malers. Die Stimmung des jeweiligen Bildes wird aus der Farbe entwickelt. Irrwitzig bunte Bilder mit geradezu orgiastischen Farbräuschen stehen neben düsteren Monochromien. Die sprühende Farbigkeit überwiegt jedoch. Die Farbzonen einiger dieser Bilder werden im Gegensatz zu denen in Ulrich Leives Wanderer-Bildern horizontal und nicht vertikal eingesetzt. Drei Bereiche zeichnen sich ab, etwa der Himmelsbereich, der irdische Bereich und der «unterirdische» Bereich, was immer man darunter verstehen mag. Man fühlt sich zu eigenen Spekulationen aufgefordert.
Hatten Ulrich Leives Wanderer-Bilder den Menschen als «Leidenden, Hoffenden und Suchenden» zum Thema, so ist die Atmosphäre dieser Bilder nicht so aufgeladen mit tiefsinniger Bedeutung. Hier geht es gelöster, ruhiger und entspannter zu, ohne dass es langweilig wird. Die Bilder behalten ihre pulsierende Lebendigkeit. Ihre Innenwelt ist frei von Anklagen und kritischen Bezügen. Ein Mensch durchschreitet mit seinem Hund ein positives Panorama der Schöpfung. Mehr nicht! Und das ist viel, denn so wird zum Ausdruck gebracht, was so viele Gedichte und Psalmen zu ihrem Anliegen machen:
Lobpreisung des Lebens,
des gestaltenden Schöpfens,
der Allgegenwart des Göttlichen,
der Liebe!
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