Katholische Gemeinde St. Paulus in Göttingen


Seit 25 Jahren gibt es die Katholische Kroatische Gemeinde
Bericht dazu in der Kirchenzeitung,  
70 Jahre St. Pauluskirche in Göttingen 

Begrüßung im Jubiläumsgottesdienst am 11. Juli 1999


"Wir alle sind zu Aposteln der Versöhnung und des Neubeginns berufen"

Im Namen der Gemeinde St. Paulus heiße ich Sie alle herzlich willkommen.

Zuerst möchte ich Sie, Herr Kardinal Puljic und Ihren Herrn Sekretär, begrüßen. Sie sind der Einladung gefolgt, um bei der gemeinsamen Feier beider Gemeinden dabei zu sein.

Deshalb grüße ich alle aus der Kroatischen Gemeinde, Priester und Freunde aus nah und fern, die an diesem Wochenende in Göttingen sind und Gastfreundschaft erfahren. Wir freuen uns, dass Sie Herr Konsul Simat mit Ihrer Ehefrau aus Hamburg gekommen sind.

Ich begrüße die Mitglieder der Gemeinde St. Paulus, sowie alle Gäste aus anderen Gemeinden und Städten, die sich mit uns verbunden fühlen. Ich grüße auch alle, die nur mit fremder Hilfe hierher kommen konnten, sei es im Auto, im Rollstuhl oder die Kinder auf dem Arm der Eltern.

Wenn es den Kindern ein bischen lang wird; draußen im Pfarrgarten kann man spielen, und dann kommen Sie einfach wieder herein.

Ich möchte auch den vielen Menschen danken, die in den vergangenen Jahren hier gelebt haben und beide Gemeinden mit geprägt haben. Ein Stück ihres Lebens haben sie hier gegeben!

Warum haben wir uns hier versammelt?

Die Kroatische Gemeinde der Stadt Göttingen und Umgebung besteht seit 25 Jahren. Das ist wirklich ein Grund zum feiern! Und es ehrt uns alle, dass Sie, Herr Kardinal nach Göttingen gekommen sind.

Wir feiern heute noch ein anderes großes Fest: Vor 70 Jahren wurde diese Kirche geweiht. Seitdem besteht diese St. Paulus-Kirche als zweite katholische Kirche in Göttingen.

Aber können wir wirklich fröhlich sein und feiern?

Sie, Herr Kardinal kommen aus einem der schmerzvollsten Punkte Europas.

Vom Norden blickt man auf das bombardierte Serbien, den Kosovo, Montenegro, - vom Süden her auf das Flüchtlingselend in Albanien und Mazedonien.
Dann die mutigen Rückkehrer: "Voller Hoffnung – wider alle Hoffnung" wie Paulus sagt.

Wenn Leute von den Nachbarn oder Bekannten vertrieben, ausgeraubt, gefoltert oder umgebracht wurden - wie können sie oder ihre Angehörigen mit diesen Menschen je wieder zusammen leben?

Gemeinsam haben wir die Hoffnung, dass diese Schrecken vorbei sind.

Und wenn mutige Menschen es dann irgendwann doch versuchen und aufeinander zugehen, - ja, dann werden sie zu Aposteln der Versöhnung und des Neubeginns.

Eine traurige Gemeinsamkeit ist es aber, dass beide Gemeinden auf Kriegszeiten in ihrer Heimat zurückblicken müssen.

Sie, Herr Kardinal kommen nach Göttingen als Hirte, um Ihre Gemeinden zu sammeln und zu stärken. Und ich wage zu behaupten: Nach diesen schrecklichen Erlebnissen der vergangenen Jahre, zunächst in Kroatien und dann auch in den anderen Teilen des ehemaligen Jugoslawiens, kommen Sie als Apostel der Versöhnung und des Neubeginns. Sie kommen aber auch mit dem deutlichen Ruf um Verständnis und Hilfe.

Und wenn der Heilige Vater die Christen der Welt besucht, kommt er zu ihnen als Hirte um die Gläubigen zu stärken und auch als Apostel der Versöhnung und des Neubeginns.

Und wenn Frau Chiara Lubich, die Gründerin der Fokolarbewegung, im April dieses Jahres in der Kathedrale in Zagreb vor mehreren Tausend Menschen gesprochen und sie ermutigt hat, tat sie das als Apostel der Versöhnung und des Neubeginns.

Als eine Jugendliche aus unserer Gemeinde ein Jahr in Sarajevo im Flüchtlingsdienst gearbeitet hat, tat sie das ebenso als Apostel der Versöhnung und des Neubeginns.

So gibt es viele Menschen in allen Ländern, die sich Frieden wünschen und zum Einsatz bereit sind.

Und wir? - Hier und heute?

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! - Ja, das haben wir schon oft gehört. 

Liebe die Kirche deines Nächsten wie deine eigene Kirche! - Das ist schon etwas Neues.

Liebe deine Feinde! - Da verlässt uns vielleicht der Mut. Da kommen wir ins Nachdenken.

In diesen schwierigen Zeiten voller Veränderungen kann nur Gott neuen inneren Frieden schenken.

Ich wünsche Ihnen, Herr Kardinal, dass in den Bistümern Südost-Europas viele Apostel der Versöhnung und des Neubeginns ihre Berufung erkennen und Kraft haben, sie in Gemeinschaft mit anderen zu verwirklichen.

Wie damals bei Noah, muss dieser Regenbogen, der hier den Altar überspannt, ein Zeichen der Hoffnung und der Treue Gottes zu uns Menschen sein. Zu einem positiven Zeichen des Lebens, der Versöhnung und des Neubeginns muss dieser Regenbogen werden. Die eine Seite des Regenbogens ist verankert in Sarajevo oder Zagreb, und die andere Seite ist in Göttingen festgemacht.

So sind wir durch die Zusage Gottes und die bunten Farben des Regenbogens miteinander verbunden.

Wir können wirklich Zeichen setzen! Wir haben nämlich auch in kleines Geschenk:

Um meinen ernsten Worten etwas die Bitterkeit zu nehmen, möchten wir Ihnen, Herr Kardinal süße Pralinen schenken und Ihrem Sekretär eine Mettwurst. Er braucht viel Kraft für seine anstrengende Arbeit bei den Übersetzungen. Sie werden es schon brüderlich teilen.

Die Kollekte in diesem Gottesdienst und der Erlös des heutigen Tages ist ein Beitrag zum Bau eines Krankenhauses in Sarajevo.

Aber wir können noch andere Zeichen setzen.

Auch für unser heutiges gemeinsames Fest, für unsere Familien und unseren Alltag in Göttingen ist es immer wieder wichtig, Friedensbringer zu sein.

Liebe Festgemeinde. Wie nachher im Gottesdienst, so geben Sie schon jetzt ihrem Nachbarn den Friedensgruß.

Ich lade Sie herzlich dazu ein.

Gebt einander ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung.

Der Friede sei mit dir!

(Konrad Wehr, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates von 1998-2002)

 


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