myrite maduse überlebensfreude

Aus:   "Ursprünglich   war   alles   da"

In ursprünglich cover „Ursprünglich war alles da - Texte und Gedichte von Lesben mit sexuellen Gewalterfahrungen " (Hrsgin: Constance Amaci; Frühlings Erwachen, Hamburg 1993, 1. Auflage) sind auch texte von mir erschienen. das buch ist mittlerweile vergriffen. Vielleicht gibt es noch antiquarische Möglichkeiten. „verfolgt von der kindheit" gibt es bei mir erstmals ohne die vertauschten textabschnitte der druckversion.


VERFOLGT VON DER KINDHEIT - (K)EIN GRUND ZU BETÄUBEN, KEIN GRUND ZU VERZEIH´N

sexueller mißbrauch, inzest - das thema geht mir immer wieder unter die haut, gänsehaut, immer wieder so nahe. und doch immer wieder zu denken: du nicht! du spinnst! du hängst an ! willst deinem alten noch mehr aufhalsen als er angerichtet hat. mich wie scheiße zu fühlen, wie ein nichts, weil er mich in grund und boden stampfte, immer recht hatte, und ich wagte, seinem unrecht zu widersprechen. dieses psychische entmenschen all die jahre - so daß ich stolz war, nicht mehr zu funktionieren, auch wenn ich oft genug nicht funktionieren konnte. dann das wieder-urkennen: mutter, zu der ich heulend vor wut flüchtete nach jeder totalen urniedrigung, dem grundlos in den boden stampfen: "ein glück,daß kein messer neben mir lag" - ich weiß nicht mal mehr, ob sie meinen aufschrei vernahm oder ich nach innen schrie -, sie hat mir meinen körper mit-genommen, mich frühreife beim mit mir selbst sein immer wieder überrumpelt, gewaltig niedergeschrien, die decke weggerissen; ihre hand nahm mir mein kissen, ohne das ich mich nicht berührte. - und was war mehr? ich fühle schläge - oder fantasiere ich, hänge ihr an? jedenfalls noch jahre danach zusammenzucken, als täte ich verbotenes - und manchmal nehme ich auch heute die hand von mir fort: vom "zwanghaften" tun - immer mein schuldbewußter, urkennbarer blick, wennimmer mein vater an meine zimmertür klopfte; meine mutter stürmte eh nur herein. das gefühl von sexualität als schmutzigem zwanghaften sich nicht anfassen, aber auch das "faß das andere geschlecht nicht an", als wäre ich ansteckend. immer diese schuld, lust zu haben, wenn mein körper nach mir schrie. auch heute noch : kaum mich selber anfassen, befried(ig)en können, sexualität nur animalisch und brutal urtragen können, passiv ,denn ich wäre sonst die schuldige anmacherin. kein anderer weg als mir selber wehzutun, mir wehtun zu lassen, denn kein gefühl in mir drin - außer ungestillter sehnsucht. selten das abfliegen, schuld loslassen können, losgehen mit mir alleine, oder der, die mir vertraut, wenn ich die ähnlichkeit unserer ängste wahrnehme, meiner mischung aus ewiger unbefriedigt/ unbefriedetheit, die ich meist nur notdürftig beruhigen kann, nicht durch hand an mich legen: das war mir verwehrt und verleidet durch ihn, den noch unbekannten - MANN? VATER? - den ich unter aller sexualfeindlichkeit, dem erbe meiner mutter zu ahnen begann; meine partnerin war mein kissen zumeist, wie´s mir als kind vertraut war, wie ich´s , trotz ihres damals immerwachenden verbots, mir wieder zu gestatten lernte . und immer wieder der körperhaß, altvertraut und bei freundinnen immer wieder gespiegelt: faß mich nicht an, mach mich nicht geil, als ob ich liebe nur, wenn ich auf sexualität verzichte, die ich lustvoll ,qualvoll in mir spüre; als ob ich selbst nur nicht mißbrauche, wenn ich mich entäußere, entleibe auf eine energiefließende innere körperlose ebene urhebe. zu spüren, aber nicht zu leben - oder nur passiv mich nehmen zu lassen, um nicht zu bedrängen nicht schuldig zu sein. berühre nicht! das berührungsverbot hält an, außer du reißt mich mit. ich fließe mit dir und deiner berührung. spüre ich deine geilheit in meinem körper, wenn du mich berührst und nichts von mir willst , garnichts sexuell meinst, erfüllst mich mit von mir sexualisiertem leben? oft genug, viel zu oft auch die k(r)ämpfe , lust zu haben aber nicht zu mir durchzudringen, weil ich schmerzen spüre, mich zugefressen habe, bis es schmerzt - oder abgemagert sein, bis ich unansehnlich bin, meine knochen spitz , meine finger knochig sind und weh tun, meine schuld mich unsicher sein läßt, als täte ich dir was an, wenn du mich doch mal willst - und ich versage natürlich. neulich, ich urinnerte mich wieder: - nuts der inzest im badezimmer - bei mir war´s anders, harmloser, aber genauso nachhaltig. meine mutter ,die mich jahrelang wusch, trotz meiner scham trotz meines urwachenden körpers, mich urniedrigte, bewachte, nie etwas unschickliches tat außer mich meines körpers, meiner unreinheit schämen zu lassen, mir meinen körper mit nahm. wo fängt der sexuelle mißbrauch an? muß denn noch mehr gewesen sein? ich fühle mich immer wieder betroffen, wenn ihr urzählt, an vorgeblich nicht stattgefundene geschichte urinnert. die grenzen verwischen sich die kindheit holt mich ein, die unmündigkeit und unwürdigkeit, das "kleine kinder tun das nicht, gewachsene um so lieber". dein sexualhaß hat mich mit urmordet,mutter mich mit betäubt und wehrlos gemacht, nicht nur die psychische vergewaltigung durch ihn. und unter der oberfläche seines offensichtllich an mir ausgelebten hasses, immer mehr urkenne ich schreckensstarr, wofür du den nährboden bereitetest, als du mich zum opfer deiner kindheit machtest: den physischen, sexuellen mißbrauch durch meinen "vater" und andere täter.

moéve myrite maduse 7/90 - 4/93
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