angst im nacken
wie so oft
wenn ich zu mir stehe
sicher
bei mir zu sein
unsicher ob andere
- oder die andere -
annehmen
mich
wie ich mich gebe
wie ich gerade bin
- und oft genug
der bauchschuß
der schlag in den nacken
der tritt in den unterleib
zurückgestoßen zu werden
abgelehnt.
kein schutz
mich zurückzustellen
vollkommen egal
was ich leiste
wie unentbehrlich ich war
ich hätte auch fordern können
oder mich mies benehmen
früher oder später
holt der tilt mich ein.
jetzt wo ich mich
vertrauensvoll
öffne
erst mir
vor deren ur-innerung
und bewußtwerdung
mir oft graute
dann wenn ichs
all-ein
nicht mehr urtragen konnte
der anderen
der freundin
mit ihrem schmerz
der bewältigung
all ihrer verletzungen
mit ihren masken
ihrem selbstschutz
der oft wehtut
weil sie starr wird
starr vor angst
dem blick
in meinen medusenaugen
sich aufbrechen zu sehen
bis die kluft uns
endgültig
scheidet.
und jetzt wo ich mich
nicht mehr zudecke
mit zuhören
zugehören
und die wunden der anderen
wirklicher und wirksamer
zu urleben als meine
die verwund(er)ung
wie tief meine urinnerung reicht
erst jetzt bereit
meine urstarrung
mein tot-stellen
los-zu-lassen
lebendig zu sein
trotz der verletzten
blutenden
nicht mehr
wie abgeschnittenen
wurzeln.
ich fühle
nicht mehr
den bloßen schmerz
die einzige gewißheit
die wiederholung meiner leiden
als einzig gerechte strafe
die berechtigte antwort auf meine
gebrochenheit
- wer hat mich zerbrochen -
auf meine wehrlosigkeit
und schutzlosigkeit
- wer hat mich gelehrt
daß vertrauen
strafe nach sich zieht
zum benutzt werden
und mißbrauch zwingt
daß ich nicht mit-schuldig bin
sondern täterin
weil ich zulasse
immer wieder
inszeniere
was ich vergaß.
wer mit sich machen läßt -
obwohl ich doch gleich-
berechtigung will
mir die aussuchte
wi(e)der und wi(e)der
mit den schweren schicksals-
den nackenschlägen
die dann wild um sich schlugen
mit worten
und taten nach mir
die nichts wollte
als gegenseitige geborgenheit
und schutz
verstehen mitfühlen
vertrauen
ohne daß ich meine
wurzeln kannte
meine einschnitte
meine kindheitsstigmata.
ein wundmal nach dem
anderen trug ich davon
trug die schuld der welt
in mir
auf meinem rücken
war die sündenziege
und hielt mein kreuz hin
ließ mich kreuzigen
|
anstatt der wahren
wirksamen
schuldigen und verbrecher
empfand es als verbrechen
ich zu sein
und leben zu zeigen
nicht fröhlichkeit
und unbeschwertes
pflegeleichtes
funktionieren
sondern alles
meine ganze nacktheit
eins nach dem anderen
meiner wundmale
ließ noch einmal
immer wi(e)der
zustechen
und niedertrampeln
mich.
die wut der haß
immer kamen sie hoch
ein grund mehr
mich zu verachten
der abgrundtief bösen
seite der menschheit
zuzurechnen.
ich fühlte mich
ausgeliefert
all denen die machten
macht hatten
weil sie sich nahmen
die berechtigung
mich zu opfern anstatt.
und ich gab ihnen recht
denn wehrlos und
ohnmächtig zu sein
machte mich böse.
oft gab ich die macht
weil ich vertraute
fühlte mich angezogen
trotz alledem.
jetzt sehe ich allen
unverzeihlichen geschichten
meiner kindheit
ins gesicht
immer mehr urscheinen
im abgrund
des brunnens
meiner seele
dem tiefen
schwarzen loch
dessen sog ich
nicht entrinne
nicht mehr
nur heulen
vor wut
oder der weinzwang
das fühlen
urspüren
ungeahnter
für die ewigkeit
geschluckter
verdrängter
nicht mehr
wahr genommener
dennoch wirksamer
wunden.
nicht das sensibelchen bin ich
die alles so schwer nimmt
und gegen mich richtet was
nicht gegen mich
persönlich gemeint ist.
in ruhe gelassen sein wollte
ich mit dir mit euch
mit freundinnen
den genauso geschundenen wie ich
doch nicht farbe bekennen
nicht hinsehen bei mir
meinen wurzeln
zudecken mit euren problemen
weil ich angst hatte
all-ein
mich nicht mehr spürte
und ihr spürtet mich
nicht
fühltet mich einfach
anwesend und
unscheinbar
wie den anwesenden
baum
die pflanze die zuviel
litt
und stein sein wollte
unantastbar.
plötzlich
stand ich all-eine
keine nahm mich wahr
oder bemerkte entsetzt
meine anwesenheit
meine abgründe
die aus mir quollen
mich entwurzelte
an einer entwurzelten
halt suchen ließen.
ich entdecke mich
urinnere mich
immer mehr
jeder auch jeder
wunde
jeden schmerzes
jeden vertrauenbruchs
jeder mißhandlung
jeden mißbrauchs
bewußt
und der ewigen scham
und schuld
daß ich mich nicht wehrte
nicht wehren konnte
ausgeliefert war:
- der urziehung zum zerbrechen
psychischer mißhandlung durch den
vater der niederbrüllte
urniedrigte in grund und
boden stampfte
mich als ewig nutzlos und unfähig
deklarierte
um sich aufzuwerten
um beachtet zu werden
das zu bekommen
was er für achtung hielt
- sexueller mißhandlung
durch die mutter
|
die ihren ekel
und haß
vor körperlichkeit und
sexualität an mir ausließ
als ich bei mir war
mich kennenlernte
hand an mich legte.
und ihre art
hand an mich zu legen
gab mir ewige schuld mit
spielte mich all denen zu
die ich kaum in meine
urinnerung lassen kann
so bedrohlich ist
wie sie mich berührten und
benutzten
so vernichtend der blick
in das noch unurkennbare
gesicht
die vertrauten hände
das unaussprechliche drecksteil
das mich besudelt
wi(e)der und wi(e)der
mich fassungslos fragen läßt
ob´s der ist
den sie meinen vater nennen
oder der vater meiner mutter
oder wer.
- dann war da noch der junge
den mein "vater" als
den letzten meiner netten
gutbürgerlichen freunde wähnt
danach die chance vertan
und nur noch auf den untergang
die drogen die gosse
zusteuernd
einer meiner spielkameraden
der hand an mich legte
mich hand an ihn legen
ließ und mehr
obwohl ich ekel vor meinem
körper hatte
und seinem
warum war ich willfährig
warum ließ ich zu?
ich sehe jetzt Ihn
die wunde in meinem leben
vielleicht die erste und tiefste
die alles urmöglichte
meinen gebrochenen stolz
meine sucht nach
selbstzerstörung
mein mich
meinen körper
meine urinnerung
totschweigen.
mein nicht-verstehen
nicht annehmen können
der überall um mich
gelebten
schwanzphilosophie
der macht die mich
ohnmächtig sein ließ
urniedrigung
normal sein ließ
mich zum entkommen
zwang
zur flucht
zuflucht
als frauenliebende frau
die doch nur wi(e)derholt
weil ich nicht wußte
nicht wissen wollte
zu meinem schutz.
und so lebte ich
in anderer szenerie
mir vor was
mir von kindheit an
vertraut.
ich wi(e)derholte sag ich jetzt
denn ändern will ich
alles loslassen was mich
am leben
meiner lebendigkeit
hinderte.
ein guter bekannter
ein sogenannter onkel
dem alle vertrauten
auch ich.
mehr als sich gezeigt
hat er mir
mehr als meine hand an
sich gelegt
als ich zwei war
drei oder vier
er hat mich fühlen lassen
sein häßliches
machtvolles
riesiges ding
sein folterwerkzeug
mir mein fröhliches
vorlautes
kindlich-kleines mundwerk
diese zarte mir eigene höhle
gestopft
- und keiner darfs wissen
und ich vergaß
nur meine schluckbeschwerden
mein immer währendes schlucken müssen
meine urstickungsanfälle beim zahnarzt
beim zähneputzen
urinnern mich daran
mein würgen brechen spucken müssen
sobald mein mund okkupiert wird
signale die ich nie verstand
urzählungen von früher
die ich nicht hören wollte
mich heute noch zweifeln lassen
wenn urinnerung
nachurleben
mitfühlen
mit meinem "inneren kind"
zeit und raum
zusammenbrechen lassen
|
und mein "vater"
mein "großvater"
als täter so nah
so möglich
so unurträglich
wirklich scheinen.
meine stärke war dahin
mein wagemut
mein schneid
jede verletzung
jeder einschnitt
nahm mir ein stück von mir
nahm mir mich
meinen willen
meinen eigensinn
meine eigenmächtigkeit
mein bei mir sein
mein körpergefühl
meine lebendigkeit
meine lust.
ich funktionierte nicht mehr
oder zu gut ohne daß ich
mich zeigte oder anspruch darauf
hatte wenn ich endlich
anspruch urhob.
die ewige schuld
lebte ich nach
und wi(e)derholte
weil ihr mich
mit worten niedermachtet
wie mein vater
weil sie mich schlug
für meine lust
auf mich oder sie
wie meine mutter
die ich unausgesprochen
voller schuld und scham
in mein begehren ließ
so nah war sie mit ihrer
alltäglichen macht.
ich betäubte meinen schmerz
mit drogen und alkohol
spürte mich nur
wenn ich litt
ob aus unrecht oder
dem euch gegebenen
recht
ich entwertete mich
empfand mich stärker
weil ich einstecken konnte
euch aushielt
in eurem um euch schlagen
und wüten
demütigung überleben
so gut gelernt hatte
daß es meine einzige
fähigkeit schien
meine einzige art
mich zu fühlen.
ich drehte mich im kreis.
erst jetzt
komme ich zu mir
bin auf dem weg
nicht mehr die unnahbare
unerotische
dennoch ausgehungerte
- graue maus oder granitblock -
bin nicht mehr die grenzenlose
auf granit beißende
weil die voraussetzungen
nicht stimmen
keine gleichberechtigung herrscht
mit meinem einbringen
mich zeigen
auch mich wahrnehmen
von vornherein
und nicht erst wenn´s zu spät ist
die spielregeln feststehen
dienerin sklavin zu sein
und zu funktionieren.
meine bedürfnisse
urscheinen belastung
ziehen kraft ab
dir
wenn ich keine kraft mehr besitze
die du brauchst
kein selbstwertgefühl
weil mein mich und alles schlucken
mein heulen bei kleinster verletzung
meine manchmal plötzlichen
wutausbrüche
verwund(er)ung auslösen
mich als problematisch zeigen
meine ver-letzte regung
von menschlichkeit
jenseits von friedfertigkeit
und wehrlosigkeit
pflegeleichter
scheinbarer bedürfnislosigkeit
einer die sich vor lauter
zurückstellen
selbst nicht mehr erkannte.
erst jetzt wo ich mich zeige
mit meinem brauchen
meinem fühlen
meinem wollen
erst jetzt urkennt
ihr mich
die nicht nur geben kann
und schubst mich zurück
weil ihr eure
spärliche kraft
zu horten wißt
erst jetzt baue ich
nicht auf die
verpflichtung
gegenseitiger
unterstützung
zweier all-eine
lebensunfähiger
nein ich baue auf mich
vertraue meinen
wahr-nehmungen
und daß du lernst
dich wahr-
zunehmen
- und mich.
moéve myrite maduse 2.8.90/14.11.92 |