myrite maduse überlebensfreude

Aus   "über-leben"

In :"über-leben - Sexualisierte Gewalt gegen Mädchen und Frauen" (Hrsgin: Evelyn Luka mit Renate Konder, Snayder-Verlag, Paderborn 1198, 1. Auflage) sind auch texte von mir. Hier stelle ich sie vor. Das haus biete ich euch exklusiv in der von der gedruckten version abweichenden ursprünglicheren version. Zu bestellen ist das buch unter ISBN 3-932319-68-0 in jedem (frauen)buchladen eures vertrauens .


MEIN HAUS, DAS LERNT ZU ATMEN

wie sieht´s in meinem innern aus?
so nackt und kahl.
was mach ich bloß?
füll´ mit dir auf
mich, die leer ist,
nicht besetzt,
unbewohnt - von mir.
um mich zu spüren
suche ich immer wieder
dich - oder eine andere,
die mich instandbesetzt,
besessen hält
- ABER NICHT BESATZT,
DAS HATTE ICH BEREITS -.
ich suche die,
die rund um die uhr
mir das gefühl gibt,
ich werde gebraucht,
ich bin wer
wie du, die mich ausfüllt,
mir ihr leben aufdrückt,
das ich perfekt kopiere.
du machst. ich mache mit
und fühle mich
durch dich, nur durch dich.
eines tages, du bist ausgezogen
mit deiner aktivität;
meine passivität, meine kahlheit
ödet dich an.
ich bin ausgezogen,
nackt und bloß,
urinnere mich
- an den, der mich
aus meinem haus,
meiner hülle,meiner
außenhaut vertrieb:
der ERSTE BESATZER
meines außen-
und innenraums,
der ZERSTÖRER,
VERGEWALTIGER,
MEIN "VATER", DER TÄTER.
als ich ihm
den eintritt verweigerte
in den innenraum,
der leer ward von ihm,
als ich den außenraum
meiner seele verweigerte,
vollendete er zerstörung,
indem er mich mit seiner verachtung
ausfüllte,
mit worten immer wieder
spüren ließ,
wie leer ich bin,
ein vakuum,
unbesatzt und unbewohnbar seit ihm.

kein recht zu sein
wie ich bin,
mich zu gestalten und zu
fühlen nach meinem bilde,
keine chance,
in mir, bei mir zu sein,
denn die, die ich war,
das kind, das einst war,
so voller leben und vertrauen,
es war, als hätte ich nie gelebt. kein bild existierte
in mir und von mir,
nur das einer leeren, kahlen,
nutzlosen, da aus meinem
eigenen verschulden
verlassenen, verwüsteten
untauglichen behausung.
noch nicht einmal
leblos wie ein stein
fühlte ich mich;
DAS WISSEN UM MEINEN
ERSTEN BESATZER
VERSCHWAND MIT MIR IN DEN WÄNDEN;
DAS EINZIGE, WAS BLIEB,
WAR DAS VAGE BEWUSSTSEIN
VON SCHULD UND VERSAGEN.

und so suchte ich unaufhörlich, immer wi(e)der
die, die mich ausfüllt,
urfüllt,
menschlich, weil nützlich,
benutzt fühlen läßt
statt leer und hohl.
frauen, die mich
mit schlechtem gewissen zurückließen,
weil ich mich fühlen wollte,
nur meine unfähigkeit zu spüren bekam
und ihren unwillen, weil ich
gerade in der lage war,
mich gestalten zu lassen,
nachzuahmen und zu reagieren.
keine eigenständigkeit,
kein eigenleben,
ein unbewohntes,
unbewohnbares haus.
daß ihr anders sein solltet als mein täter
und eure körper, eure geschichte
mir ähnlich genug,
es gab mir nicht mich zurück,
nur die rückkehr meiner geschichte,
als ihr mich all-eine ließet,
weil ich euch
nicht mehr geborgenheit gab,
die einzige mir mögliche art, mich und
meine stärke zu spüren.
doch war es euch dann oft zuviel,
daß ich fühlbar da war, präsent,
wie die ewig anwesenden wände
eines hellwachen,
spannenden hauses.
mit welchem recht beanspruchte ich noch
lebensraum
in meinen (t)räumen,
das gefühl, in meiner wohnung zu sein,
lebendig zu sein statt ungewünscht?
welches haus gehört sich schon selber?
es war wie selbstverständlich,
daß gemeinsamer lebensraum schrumpfte,
mein eigener raum auch,
meine wohnung fremdbestimmt wurde
wie zuvor mein hirn und meine seele.
bestenfalls war es mein körper, der mir
gehörte, doch je mehr meine
sichtbarkeit als ausbeutung galt, mein bloßer
anblick als stillschweigende aufforderung
nach erst recht verweigerter zuwendung,
desto mehr bekamen meine (herz)wände risse
und meine außenwände jede
- ob wahre oder vermeintliche -
lebensäußerung von mir zu spüren,
die schläge meiner bewohnerin,
weil ich mich regte
(oder auch nicht).

ich war verwohnt,
vor aller atemlosigkeit
beim beob/achten des fremden,
mich ausfüllenden lebens
selbst in die wand gelebt.
jetzt, wie leer zurückgelassen,
angeblich sinnentleert,
doch nicht mehr fremdbestimmt,
nicht mehr instandbesetzt,
nicht mehr in die hände noch so freundlicher
bewohnerinnen meiner selbst gegeben,
da spüre ich, ich bin.
die fremde, die sich jetzt raum nimmt,
die fühlbar ich ist, doch noch nicht vertraut,
sie hat alles, was ich brauche:
meinen lebensspendenden atem,
meine lebendigkeit,
meine konturen,
die zurückkehren,
weil ich mir raum gebe,
dich und andere nur gästinnen sein lasse,
fenster zur und
mitteilung mit der welt.
über leben cover

mmm 31.1o. 92

in deinen armen
zurückweisung
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