FÜR IRIS (8/78)
I
mit jeder faser
meines körpers
schreibe ich
deinen namen
an jede wand
auf jede tür
auf jeder anderen leib.
selbst wenn ich
stumm bin
explodiert
dein name
in all meinem
schweigen
durchdringt
aller reden
ihres und meins
mit wortlosen lippen
stummem schrei.
II
wertlos wird mir
die nähe anderer
weil du nicht da bist
doch wertvoll zugleich
um mich zu täuschen
mich zu urinnern
mir deine nähe
vorzugaukeln
wertlos wird
mir schweigen
mein schweigen
denn es schweigt mir
nicht
ich schweige
nicht
empfinde die ruhe die ich
brauche
nie
außer
bei dir
und so
schreie ich
mit jeder faser
meines leibes
nach deiner
nähe
nach deinem
atem
nach deinem
leib
nach deiner
seele
zartheit
wildheit
ganzheit
nach dir, liebes
die ich bedrohe
bedränge
und trotzdem nur
liebe
kein kontakt möglich
verbrennungsgefahr
III
ich möchte lernen
dir zu geben
nicht zu nehmen
mach mir angst
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FÜR IRIS (t 1/79): AUFWACHEN BEIM AUFBAU DER LESBISCHEN UTOPIE
1: (11/78)
beim aufbau
der lesbischen nation zu gefrieren
ist eine gedanke,
die mich nicht nur überkommt
beim anblick
der isolation
durch heteros und
heteras=männern in gestalt von frauen,
jenen verkauften seelen , die
nicht mehr durch sich existieren,
sich und dich nicht mehr
zur ruhe,
zu sich frau kommen lassen.
sie überfällt mich geradezu
beim anblick
von lesben,
die mann frau beziehungen
l(i)eben,
beim anblick
der strukturen
im zusammenl(i)eben
von lesben,
dem täglichen umgang
nicht nur mit uns selbst,
geronnen zum kampf
der lesbischen (zweier)beziehungen
gegeneinander.
isolieren wir frauen
uns selbst
solidarisch bis zum
kältetod?
2: (1/79)
wenn eine frau
sich umbringt,
die mit frauen lebt,
für frauen lebt,
durch frauen lebt,
die frauen liebt,
dann tat sie´s
im bewußtsein
- wahn? oder: wahrheit? -
wie unter männern zu sein,
frauen nicht anders zu erleben
als wären sie
kalt,
unsensibel,
egoistisch,
unsolidarisch,
grausam,
mackerhaft
und TÖDLICH
3: (1/79)
vernichten wir
nein, verzichten wir auf -
die täglich inhalierte
struktur
männlich geprägter
gesellschaft,
kämpfen nicht nur
gegen den mann
außer uns,
auch den verborgenen
in unseren
gedanken,
unserer
seele,
unserem
verhalten.
gestalten wir
unser gegeneinander
zum miteinander,
füreinander,
zur stärke für uns
frauen
oder wollt ihr,
daß wieder eine
aus unseren reihen
fehlt,
plötzlich vermißt wird,
gefallen ist
vor verzweiflung
nichts sehend
als kälte und tod?
wo waren wir, lilith
wo unsere liebend und hilfreich
ausgestreckte hand?
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