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Rückblick Retrospective

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einladung

INSUSPENZ : Piethan/Rodewald, Schründer, Stein

Mehrwert 059
28.05. - 20.06.99
Fotografien, Aachen, Bachstr. 26 & Oligsbendengasse

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Astrid Piethan/Silke Rodewald
Sabine Schründer
Olaf Stein

INSUSPENZ
| Gregor Jansen, Aachen, 1999/2000

Optimismus allerorten. Inflationär prägen Oberflächen, Gestaltungsebenen, Imagos die visuelle, eingebildete Welt, die als schockartige Flut über unser womöglich bedeutendstes Wahrnehmungsorgan permanent hereinbricht. Schnittfolgen einer Ästhetik der Aufmerksamkeit und Hedonismus auf Breitbandformat. Mediale Bilder konstruieren die Wirklichkeit mit, sind heute als konstitutive Faktoren der Realität in der Erzeugung von Wissen (über die Wirklichkeit) akzeptiert - sie entwerfen das Konzept von Bildung. Gerne übersehen wird in diesem Zusammenhang oder aber als Result hieraus aber eine wesentliche Unterscheidung: die von apparatetechnischem Aufnahmemoment und subjektiv objektivierter Momentaufnahme, oder die von Begrenztheit und Freiheit. Ohne das Subjekt - ein der Bildung als Wahrheitsfindung verpflichtetes Subjekt - steuert das Netzwerk als Modell unser Denken. Zum einen bestimmt die "Freiheit" des Apparates (seines Programms) unseren Umgang mit der Realität und zum anderen ist der "Zwang" der endlosen Schnittfolgen in unserer eigenen Individualität und Sterblichkeit aufgehoben. Das Bild ist - bevor es individuell wahrgenommen wird - bereits zum technischem Gegenstand eines generalisierten Verarbeitungsprozesses, eines die Welt und ihre realen Erscheinungen erfassenden Lay-Outs geworden. Die Welt bleibt ein "Spiel der Interpretationen". Die Realität ist im fotografischen Sinne immer Imagination des technischem Apparates - seiner Möglichkeiten, fußend auf dem abstrakt symbolischen Auge eines mittlerweile global beheimateten Individuums. Die Ästhetik des Sichtbaren wie des Unsichtbaren wird heute von Aufnahmen bestimmt, von Bildern, die der Mensch er-findet, und von Fragen, die die Apparate er-suchen. Unbehagen haben wir nur vor dem, was in der "Unwirklichkeit" der Medien nicht geht. Jäger ohne Beute.

Fotografie ist heute neben (oder besser: zwischen) Malerei und Film das atmosphärisch interessanteste Medium, dessen geschichtsimmanente Aura die Erzählung per se konstruiert. Wenn wie hier der zeitlose white cube - Büroraum von 16 qm - und eine alte, leerstehende Lagerhalle von über 400 qm als Ausstellungsräume dienen, die von narrativer Betrachtung her unterschiedlicher nicht sein können, wird auf die Dissonanz der wahrnehmungsrelevanten Zusammenhänge visueller Prägung verwiesen.

"Die Welt ist schön" lautet der Titel des Fotobuches von Albert Renger-Patzsch aus dem Jahre 1928. In 100 Close-Ups zeigten Landschaften, Tiere, Pflanzen, Architektur, Maschinen und Objekte die strukturelle Klarheit der Fotografie im mikrokosmischen Blick auf die Welt. Lakonisch nannte er selbst sein Buch "Die Dinge", die als Neue Sachlichkeit epochenprägend aufscheint. Die Kamera hat die Möglichkeit, Bedeutungs-Abfall, der von keiner Theorie oder Bildtradition erfaßt wird, zu registrieren, erkannte Kracauer 1927 und beschrieb eine auch heute noch gültige Sehfeldbegrenzung. Die Auswahl und Zusammenstellung von vier jungen FotografInnen unter dem Titel "INSUSPENZ" versucht die fotografische Praxis für einen kurzen Moment aufzuzeigen und den Betrachter in Erwartung und Spannung zu belassen. Die Welt ist schön.

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Astrid Piethahn & Silke Rodewald
E. & O. E.

Astrid Piethan aus Aachen (*1973), zur Zeit Köln, und Silke Rodewald aus Köln (*1973) kombinierten unter dem Titel "errors and omissions excepted" ihre Bilder in freier, auf den Raum bezogener Hängung. Durch die "nah am Leben" beobachtete Flüchtigkeit der Alltagsästhetik enstand so eine Art Enzyklopädie ihrer Erfahrungs-Welten, die immer neue Kombinationen von Orten, Personen und Stimmungen ermöglicht. Gleichwohl geht es um ein kollektives Bildgedächtnis, an dem sie permanent weiterarbeiten.

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Sabine Schründer
Eva 04 - Tokyo

Sabine Schründer aus Bielefeld (*1973), jetzt Berlin, zeigte mit "Eva 04 - Tokyo" eine weniger narrative Momentaufnahme, doch gleichwohl geläufig erscheinende, heutige Bildsprache. Ihr ist an der (gebrochenen) Ästhetik bekannter Wahrnehmungsmuster im fotografischen Bezugsfeld von Bildnis, Architektur, Geste, Ausschnitt im kulturellen Distanzfeld Ostasien gelegen. Das Durchbrechen des Musters konformiertem Andersseins macht die perfekte, wunderschöne Fotoästhetik zu einem Reizpunkt massenmedialer Kunstproduktion.

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Olav Stein
Plastiken

Olav Stein aus Frankfurt, zur Zeit London, (*1965) verband in "Plastiken" die Abstraktion des heutigen Pluralismus mit der Konkretheit kitschiger Oberflächen. Die Kombination der Kunst-Stoffe verweist ebenso auf die Pervertiertheit heutiger Körpererfahrungen, als auch im Feld von objekthafter Simulation der Alltag ohne Tiefgang aufscheint. Visueller "Fast Food" übergibt sich in surrealen, bisweil dekorativen Arrangements des irritierend zeitlosen Zeitgeists.

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