Es gibt nichts Grausameres als die Folterung eines Menschen. Man hat nicht genug daran, ihn zu töten, man muss sich noch an seinem Schmerz, an seinem ohnmächtigen Ausgeliefertsein weiden.
Das Bild von Leive ruft mir das in Erinnerung. Jesus ist an beiden Händen angebunden, die Arme sind ihm in die Höhe gestreckt. Diese Vorkehrung braucht es, um zu unterstreichen, wie wehrlos, gedemütigt dieser Mensch jetzt seinen Peinigern ausgeliefert ist.
Eindrücklich aber, wie die beiden Soldaten auf den Befehl, den sie erhalten haben, Jesus zu martern, reagieren. Der rechts, der ihn bereits blutüberströmt ausgepeitscht hat, wird sich seiner Schandtat plötzlich inne. Er unterbricht die Geißelung und greift sich mit der linken Hand an die Brust, wie von schlechtem Gewissen überwältigt. Man sieht seinem Blick an, wie ihn beim Anblick des zerfleischten Jesus das Mitleid überkommt: was tue ich da?
Der Soldat in der Mitte schaut uns direkt an. In seinem Blick dämmert eine neue Erkenntnis auf, die er uns fragend mitteilt: das ist ja ungeheuer! Muss denn das sein? Wozu dient mein ganzes Soldatsein, das ich bisher als moralisch zu rechtfertigenden, ja hohen Beruf eingeschätzt habe, wenn er notwendigerweise zu Gräueltaten der gemeinsten Art führt? Wo ist da noch Heldentum?
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