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Zäune, Mauern, Hecken:
Einfriedungen (Hinweis: die Einzelfotos im Text werden jeweils in einem neuen Fenster aufgerufen, um sie parallel zum Text anschauen zu können) Über die Jahre haben sich auch Aufnahmen von recht alltäglichen Bauten gesammelt, die weg zu werfen schwer fiel. Die Frage, warum diese Motive bei den Fotografien nicht gar zu selten auftauchen, kann zunächst einfach beantwortet werden: Einfriedungen dienen sehr häufig der Abgrenzung von Privatgrundstücken gegen öffentlichen Verkehrsraum und sind daher von dort stets gut zu sehen. Sie laufen darüber hinaus nicht nur nicht weg, sondern lassen sich regelmäßig wegen ihrer vorrangigen Längsorientierung hervorragend auf dem Kleinbild- Querformat abbilden, ohne Probleme mit stürzenden Linien zu bekommen. Weiterhin sind Hecken, Mauern und Zäune Bestandteil der agrarischen oder städtischen Kulturlandschaft und deren Ästhetik; sie gliedern die Landschaft und schaffen fotografische Perspektiven wie die mit Recht so beliebten bildbestimmenden Diagonalen. Sie sind insofern würdige Vorläufer der heute so landschaftsprägenden Stromleitungen. Dies gilt eingeschränkt auch für die Stacheldrahtzäune in den modernen ausgeräumten Agrarlandschaften. Diese optische Wirkung gibt es sowohl im Sommer, besonders ausgeprägt aber im Winter, wo die sonst störende Vegetation die Zaunperspektiven nicht verstellt. In besonderem Maße gilt diese gliedernde Wirkung für Hecken. Ästhetisch besonders spannungsreich sind schließlich Einfriedungsreste und Tore nach Eintreten ihrer Funktionsfreiheit. Sie sind Erinnerung an frühere Nutzungs- und Abgrenzungsbedürfnisse. Dies gilt im Großen etwa für die Berliner Mauer wie auch im Kleinen wie die "vergessenen" Pforten in Osten an der Oste, Zeitz oder der Rhön. Besonders intensive Spuren harter landwirtschaftlicher Arbeit sind die Anbauterrassen etwa auf den kanarischen Inseln, Nepal, Apennin, Kreta, Südfrankreich (meist bereits aufgelassen), vielen mitteleuropäischen Steil- Weinlagen (Neckar, Mosel, Mittelrhein, Main, Nahe, Donau in Österreich, Elbe). Viele der Terrassen sind so schmal und steil, dass sie ausschließlich mit manuell bewirtschaftet werden können. Bemerkenswert daher die Rationalisierung der Arbeit durch die landschaftsgerechten Bonsai- Transrapids (eine Schweizer Erfindung) vor allem an der Mosel (vgl. die Fotos von der Fahrrad- Tour). Den Terrassen - Mauern beim Weinbau in Steillagen ist nicht nur deshalb mittlerweile eine eigene Galerie - Seite zugedacht. Die Fotos stammen aus den deutschen Weinbaugebieten Mosel, Ahr und Nahe (hier das Alsenztal). Zu Recht ist die Weinbau- Kulturlandschaft von Mosel und Mittelrhein als UNESCO - Denkmal im Gespräch. Kaum anderswo ist die Agrarlandschaft noch heute derart von Handarbeit geprägt und daher kleinteilig wie in diesen Steillagen. Hinzu kommen die symmetrischen und perspektivischen Wirkungen von Mauer- und Pfahlsequenzen und das dichte Nebeneinander zwischen bewirtschafteten und bereits verbuschten aufgegebenen Hängen, ihren Terrassen und Stützmauern. Zu der Landschaft gehören auch die Geräte- Häuschen im Hang, aufgehübscht am Neckar bei Stuttgart. Auch die bis heute fortdauernde Flurbereinigung hat die Mauern mit Naturstein verkleidet belassen. Schließlich noch zwei Gimmicks vom Staatsweingut Marienthal an der Ahr: einsturzgefährdete Mauer und kundenfreundliches Entree sowie die überwucherte Leitplanke einer stillgelegten Straße an der Alsenz. Eine Einfriedungsform ist noch nicht im Foto- Archiv: Lärmschutzwände; vermutlich, weil sie in ihrer landschaftsgliedernden Funktion übertreiben. Durch ihre Höhe und Durchgängigkeit gliedern sie nicht mehr, sondern schneiden ab. Dies ist in manchen Agrarsteppen manchmal aus ästhetischen Gründen nicht schlecht; dumm nur, dass der Anblick vor den Wänden oft auch nicht viel besser ist. Dennoch und deshalb: die typologische Fotografie von Lärmschutzwänden ist ein dringendes künstlerisches- und Forschungsdesiderat und harrt noch der gründlichen Aufarbeitung, etwa mit Hilfe von Hub- oder Kranwagen sowie Luftfahrzeugen. Erstaunlich ist bislang allerdings vor allem, dass praktische und technische Lösungen für jeweils diesen einen bestimmten Zweck eine starke Vielfalt unterschiedlicher Ausprägungen erfahren. So können Einfriedungen auch etwas über das Leben und vor allem die Arbeit der Menschen in den Regionen erzählen. Natürlich geht es zunächst um regionale Baumaterialien, besonders Steine und Holz. Bei Lesestein- Mauern fällt es häufig schwer, den Hauptzweck der Bauwerke zu erkennen: sind es vorzugsweise längs gestreckte Halden für das unerwünschte Material auf den Feldern oder stand der Schutzzweck im Vordergrund? Höher wird der Aufwand dann schon mit Trockenmauerwerk und Zäunen aus Holzlatten. Hecken setzten sich ohnehin meist aus regional vorkommenden Busch- oder Baumarten zusammen. Zum Teil sind Hecken als Bestandteil der Kulturlandschaft auch nicht besonders alt; im Rheinland und der Eifel erst seit dem späten18. Jahrhundert. Beliebt sind sie auch al Ergänzung zu oder Bestandteil von Zäunen. Eine als Fotomotiv immer wieder reizvolle Sonderform sind von Hecken und oder Mauern begleitete Hohlwege wie im Piemont, Morvan im französischen Burgund oder dem Jura. Nur am Rand gestreift wurden Abgrenzungsbauwerke wie Leitplanken, Geländer, Relings und Poller. Auch hier gilt erheblicher Forschungs- und Dokumentationsbedarf, der nur durch intensive Zusammenarbeit von Kulturhistorikern, Geographen, Volkskundlern, Ingenieuren verschiedener Fachrichtungen, Fotografen und sonstigen Künstlern abzuarbeiten ist. Hier besteht die Gelegenheit, ein fächerübergreifendes Dauerprojekt zu installieren, das gerade unter internationale vergleichenden Aspekten durchaus aus EU - Mitteln förderungswürdig ist. Ein weiterer Sonderfall sind ummauerte Höfe in britischen Arbeitersiedlungen. Als Beleg sind hier Fotos aus 1988 von einer für Textilarbeiter gebauten Siedlung in Leeds angeführt, die seinerzeit von den Bewohnern (oder deren Eltern), sog. Commonwealth - Briten, mit viel Eigeninitiative ausgebaut wurde. Die fehlende Frostfestigkeit der außen verlegten Frisch- und Abwasserleitungen wird durch ihre Farbenfreude mehr als ausgeglichen. Und: man sieht noch Kinder. Besonders auffällig ist dies in den ehemaligen kommunistischen Ländern, wo das aus den Betrieben oder dem grauen Tauschmarkt entnommene Material einer oft improvisierten Zweitverwendung zugeführt wird, zum Beispiel
Darüber hinaus haben vor allem die kommunistischen Staaten zum Teil auch eigenwillige und denkmalwerte stilistische Arabesken hervor gebracht, wie man in Zeitz, Werdau und in Wallonien studieren kann. Der Schutzzweck ist zum Teil auch originell: statt eine Brücke oder ein Haus zu sanieren, Zaun davor, um Sicherheitsabstand gegenüber herab stürzenden Bauten zu wahren oder um die Befahrung von maroden Brücken mit zu großen Fahrzeugen zu verhindern. Insgesamt führen diese Besonderheiten zu einer außerordentlich kontrastreichen und vielfältigen, teilweise eigenwilligen und bizarren Zaunlandschaft. Wegen der Dichte dieser Eindrücke gibt es eigene Sonder- Galerien für Zeitz und Werdau, Kriebitzsch und Zipsendorf (alle südlich von Leipzig) sowie für Triebusin in Nordböhmen. Fabriktore, -Mauern und Einfriedungen sollen nicht nur schützen, sondern auch einschüchtern und repräsentieren, letzteres etwa durch ein liebevolles Logo im Tor. Welcher Aufwand damit getrieben wurde, vor allem welche technischen handgestrickten Lösungen bei Fabriktoren gewählt wurden, gibt es wiederum in den ostmitteleuropäischen Ländern und auf Kuba gute Beispiele. Viel Wert wurde auch auf Fotografier- und Betretungsverbote an Zäunen und Mauern gelegt; ein Verstoß hiergegen brachte uns bereits einmal eine Vorführung beim Werkschutz und die zeitweise Konfiszierung eines Stativs ein. Eine besondere Stilrichtung besonders in Belgien und Frankreich die schlichten Mauern im Stil des frühen Beton. Zu den Besonderheiten zählen Militäranlagen wie die Panzersperren in Eifel und Schweizer Jura, weggeschnittene Heckenreste in Zäunen, eine Fabrikmauer mit übersichtlich angebrachtem Pinkelverbot, Mauern als Ausstellungsobjekt einer Ziegelei im Burgund, Zaunteile als Event- Werkzeug für Touristen in Paris, Poller, ein Befestigungsversuch zwischen KFZ und Zaun, ruhende Menschen an Ural- Zäunen, weiße Pfosten auf schwarzer Lava, Zaun mit Eltern ("wenn ich groß bin, werde ich auch eine Stromleitung) im Schweizer Jura. Es gibt aber auch Abgrenzungs- und Protektionsmaßnahmen, die auf Einfriedungsbauwerke ganz verzichten wie etwa der Strohballen auf Wiesen und Weiden, um die Wanderschäfer mit ihren Herden fern zu halten oder schlicht ausgesprochene Verbote in der Hoffnung auf möglichst allseitige Befolgung. Auch das Hoggar- Gebirge mitten in der Sahara weist einen auf den ersten Blick funktionsfreien Zaun, einen rundum abgemauerten Campingplatz unterhalb des berühmten Assekrem- Gipfel Mauern mit Kamelen dahinter sowie eine abgezäunten Garten inmitten der Straßen- Fluchtlinie auf. Gegenüber Kraftfahrern auf der Suche nach Parkplätzen für ihr Gefährt hat dieser Mechanismus aber bereits seit geraumer Zeit versagt, so dass sich hier eine bizarre Vielfalt der bereits aus dem Schiffbau in anderer Funktion bekannten Poller breit machen konnte. Auf eine ausgiebige Dokumentation dieses jungen, aber bereits stark verbreiteten Einfriedungstyp wurde jedoch verzichtet, da seine Fortdauer trotz allseitiger Klagen über angeblich zu hohe Spritpreise derzeit nicht gefährdet erscheint. Eine neue Erscheinungsform dieser Bauwerke ist die Düsseldorfer Variante der doppelten Bordsteinkante. Letztere taugt aber nur noch bedingt, da viele KFZ- Halter mit der Beschaffung entsprechend hochbeiniger Geländefahrzeuge nachgerüstet haben. So können vielleicht ausgediente Panzersperren (s.o.) zu einer neuen funktionellen Blüte kommen. Auch dieser Zweig der Klein- und Alltagsarchitektur wird mit steigendem Wohlstand und billigen Energie- und Rohstoffkosten immer globaler und banaler. Waren bis etwa zum 2. Weltkrieg, in den kommunistischen Staaten noch bis 1990 Zäune und Mauern aus regionalen oder aus zusammen "organisierten" Materialien oft selbst gefertigt worden, so kann man heute im Baumarkt beliebig gestylte Fertigzäune kaufen, sei es Jägerzaun am laufenden Meter, Plastik- Imitat von Schmiedeeisen oder fertig geschnittene und in der Fabrik lackierte Holzzäune. Der Kontrast, die Vielfalt und die Spuren von unterschiedliche gekonnter Improvisation sind in der alten Bundesrepublik Deutschland kaum zu finden; die Geschmacksverirrungen in Neubausiedlungen sind zwar nicht strafbar, aber deswegen muss man sie nicht auch noch fotografieren. Selbstgebaute Einfriedungen aus regionalen Materialien werden wohl aus dem Bild unserer Kulturlandschaft verschwinden. Die Denkmalpflege hat es gegenüber diesen Klein- Baudenkmalen schwer, sind sie doch ohnehin nicht für so lange Zeit gebaut wie Häuser, Fabriken oder Kirchen und verursachen sie relativ viel Unterhaltungsaufwand. Dem Verschwinden dieser Bauten entspricht auch dem Funktionswandel von Gärten vom Nutzgarten zum Grün- Abstandsgarten. Und wenn sie verschwinden, bleibt nur die fotografische Erinnerung. Daher sind die Bilder noch nicht in der Tonne. Hier die Galerien
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Virtuelle Foto- Galerie Industriegeschichte und Kulturlandschaft Stand: 06.01.15 © Christian Brünig Dank an |