Autorin: Katja Baumgarten

DEUTSCHE HEBAMMEN-ZEITSCHRIFT Heft 4/2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Susanne Schaefer

Susanne Schäfer: „Unsere Betriebswirtin
schüttelt den Kopf, für welchen Lohn
wir arbeiten und was wir dafür alles
leisten. Dabei tragen wir Verantwortung
für Leben und Tod.

Foto: Privates Archiv von Susanne Schäfer

 

Selbstverwaltung –
Hoffnung auf schnellere Ergebnisse

Katja Baumgarten hat mit Susanne Schäfer über den Auftakt der Verhandlungen zur Entlassung in die Selbstverwaltung gesprochen. Die erste Vorsitzende des Bundes freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD) sieht große Chancen in den direkten Verhandlungen

Katja Baumgarten: Angesichts der Entlassung in die Selbstverwaltung machen sich viele Hebammen Sorgen um ihre Existenz.

Susanne Schäfer: Die Formulierung „Entlassung in die Selbstverwaltung“ klingt für viele Hebammen negativ und sie fragen sich ängstlich: Was kommt da auf uns zu? Wir wissen seit geraumer Zeit, dass wir künftig selbst mit den Krankenkassen verhandeln werden und haben uns Gedanken gemacht, welche Schwerpunkte wir einbringen wollen. Uns als BfHD geht es vor allem um eine Verbesserung der Lebenssituation von Kolleginnen, die ausschließlich freiberuflich arbeiten. Die letzten Erhöhungen der Gebührenordnung verliefen sehr schleppend und mit großen Abständen. Wir hoffen, dass dies künftig schneller geht. Schon jetzt zeigt sich, dass auch die Krankenkassen zügiger verhandeln wollen. Sie scheinen außerdem wahrgenommen zu haben, dass Hebammenarbeit effektiv ist und Kosten spart. Nach unserem ersten Treffen am 16. Februar haben wir den Eindruck, dass die direkten Verhandlungen große Vorteile für uns haben können.

Wie war die Runde zusammengesetzt?

Wir saßen in einer großen Runde mit den Referenten der Krankenkassen zusammen: mit jeweils einem Vertreter oder einer Vertreterin des Verbandes der angestellten Krankenkassen (VDAK), des AOK-Bundesverbandes, des Innungskrankenkassen-Bundesverbandes (IKK), der Knappschaft, des Bundesverbandes der landwirtschaftlichen Krankenkassen und der See-Krankenkasse. Wir waren mit dem kompletten Vorstand des BfHD vertreten: Hanna Ojus, Dorothea Kühn und ich. Helga Albrecht, Monika Selow und Britta Höpermann waren für den BDH dabei.

Waren auch Anwälte dabei?

Nein, wir sind noch nicht so intensiv eingestiegen, dass wir sofort Rechtsbeistand gebraucht hätten. Die Atmosphäre war sehr freundlich: Bis auf Hanna Ojus und mich - wir waren zum ersten Mal dabei - kannten sich alle. Als erstes wurde fest gestellt, dass das Ministerium immer noch nicht die ausstehenden zwei Änderungsstufen der Gebührenordnung auf den Weg gebracht hat. Für die Krankenkassen ist klar, dass das unsere gemeinsame Verhandlungsgrundlage ist.

Ist der letzte Stand der Gebührenverhandlungen unter der Obhut des Gesundheitsministeriums Ende des Jahres dann die Grundlage für die künftigen direkten Verhandlungen mit den Kassen?

Ja, wir gehen davon aus, dass die bereits verhandelte zweite Stufe der Gebührenerhöhung in diesem Jahr noch verabschiedet wird. Dafür setzen sich Krankenkassen und Hebammenberufsverbände in einem gemeinsamen Schreiben an das Gesundheitsministerium ein. Eine dritte Änderungsstufe wird es mit Sicherheit   nicht mehr geben, obwohl dies vom Ministerium ursprünglich zugesichert wurde. An dieser Stelle wird deutlich, dass die Abhängigkeit vom politischen Willen keineswegs nur Vorteile für die Hebammen hatte: Trotz vielfachen Drucks von Seiten der Hebammenverbände wurde die bereits verhandelte Erhöhung der Hebammengebühren in den letzten Jahren immer wieder verzögert und bis heute verweigert.

Welche Vorteile hat die neue Situation für die Hebammen?

Ein großer Vorteil der Entlassung in die Selbstverwaltungen ist zunächst das Tempo: Es gibt künftig kürzere Wege, die Beschlüsse müssen nicht mehr so viele Instanzen durchlaufen. Die Kassen haben klar gesagt, dass sie an einer schnellen Einigung interessiert sind. Es musste auch, entsprechend der gesetzlichen Vorgabe, ein Entwurf über eine Schiedsstellenvereinbarung eingereicht werden. Die Krankenkassen haben geäußert, sie würden zwar auch einen Entwurf einreichen, aber sie gingen davon aus, dass wir die Schiedsstelle nicht brauchen werden. Das ist eine positive, klare Aussage.

Sind grundsätzliche Umstrukturierungen zu erwarten - wird es beispielsweise bei den Gebühren künftig mehr Pauschalen geben, analog zu den DRGs?

Die Krankenkassen haben uns noch keinen Entwurf zukommen lassen. Ich dachte auch, der Trend ginge in Richtung Pauschalen. Aber es sieht so aus, als wollten die Kassen auf der Grundlage der bestehenden Gebührenordnung weiter verhandeln. Wir sind ja überhaupt erst einmal dabei, uns zu terminieren und Vertragsgrundlagen zu klären.

Wird es künftig bei Gebührenverhandlungen nicht wesentlich härter zugehen als bisher, weil die Krankenkassen bekanntlich in allen Bereichen einsparen möchten?

Natürlich könnte es dazu kommen – wenn wir auf unsere existentiellen Belange aufmerksam machen und darauf beharren. Wir haben stark angestiegene Kosten, beispielsweise Kostensteigerungen durch die höhere Kfz- und Haftpflichtversicherung. Auch bei der elektronischen Abrechnung kommt auf jede Kollegin eine reale Einkommenskürzung zu: Entweder muss sie Hard- und Software anschaffen und sich entsprechend fortbilden oder ihre Rechnungen werden um fünf Prozent gekürzt. Bei einzelnen Punkten wird es vermutlich auch Diskussionen geben. Wir werden uns sicher einigen, aber es wird auch deutlich zur Sache gehen.

Wie haben sich die Verbände auf die Verhandlungen vorbereitet? Hat man sich Fachleute an die Seite geholt, wie Betriebswirtschaftler oder Vertragsanwälte?

Etwas Zeit bleibt uns ja noch, wir müssen nicht morgen schon ein stehendes Konzept haben. Unser erstes Treffen war ein Sondierungsgespräch, das wird auch im nächsten Gespräch noch so sein. Wenn es dann um Euro und Cent geht, braucht man natürlich ein Konzept in der Tasche. Der BfHD lässt sich von einer Betriebswirtin beraten, die mit uns eine aktuelle Bedarfsermittlung erstellt. Wir werden modellhaft darlegen, welchen Einkommens-Betrag eine freiberufliche Hebamme im Monat braucht.

Welches Einkommen sollte eine Hebamme erwarten können?

Das ist die große Frage! Wo siedeln wir uns an? Wer hat vergleichbare Berufe? Es ist ein Tabu-Thema, was bisher bei uns im Verband nicht offen gelegt wurde. Unsere nächste Sitzung im März wird dieses Thema zum Schwerpunkt haben. Es gibt so vielfältige Modelle, wie man arbeiten kann - ob man Kinder hat oder alleinstehend ist. Ich würde von einer voll arbeitenden, freiberuflichen Hebamme ausgehen, da wären wir mit dem monatlichen Einkommen vielleicht zwischen Assistenzarzt und Intensivschwester. Wir können nicht sagen, wir wollen mehr als ein Chefarzt verdienen, aber wir können auch nicht sagen, unser Einkommen soll unter dem einer Intensivschwester liegen.
Wir wollen im BfHD einen modellhaften Betrag erarbeiten. Fachleute berechnen für uns außerdem die anfallenden Kosten der Freiberuflichkeit. Wenn zum Beispiel 3.500 Euro am Ende rauskommen soll - das ist jetzt nur fiktiv - dann versuchen wir rückwärts zu rechnen: Wie viele Anmeldungen zur Geburt oder wie viele Nachsorgen brauche ich, um auf dieses Einkommen zu kommen - „Flauten“ und Ausfälle durch Krankheit, Fortbildungen und Urlaub müssen darin berücksichtigt sein. Ich muss wissen, was passiert in den Monaten, wo ich weniger Einnahmen habe.
Sowie erste Zahlen vorliegen, werden wir das intern und in unseren Quartalstreffen mit einer möglichst breiten Mitgliedschaft diskutieren. Zum Spätsommer werden wir dann Zahlen haben.

Reicht die Zeit aus, dass Sie diese Zahlen noch rechzeitig in die Verhandlungen einbringen können?

Die Zeit wird ausreichen. Man muss nicht alles bis ins letzte Detail ausgefeilt haben.
Ich glaube nicht, dass wir noch beweisen müssen, dass wir eine wichtige Arbeit leisten. Es wird ganz unromantisch an die Fakten gehen: Wie oft muss eine Hebamme telefonieren, wie viele Fahrten hat sie im Durchschnitt. Da ist es wichtig, dass wir Zahlen in der Tasche haben. Klar, sie müssen sparen und wir müssen jetzt sehen, wo können wir ein bisschen nachgeben. Das ist Verhandeln. Andererseits gibt es auch eine gesellschaftliche Verpflichtung uns gegenüber: dass wir nicht „verhungern“.

Werden die bisherigen Unterschiede von Ost und West bei den Verhandlungen auch bearbeitet? Soll die Gebührenordnung einheitlich werden?

Ich finde eine Angleichung der Gebühren sehr wichtig. Ich sehe das hier in Brandenburg: Ich bin an der Stadtgrenze von Berlin tätig und kann für die Brandenburger Frauen zehn Prozent weniger abrechnen als für Frauen aus der Stadt. Auch den Frauen gegenüber ist es ungerecht, wenn ich sage, ich nehme lieber die zwei „Westfrauen“ an. Die bisherige Regelung ist diskriminierend.

Im § 134a des SGB V findet sich der Passus, dass die Vertragsparteien die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der freiberuflichen Hebammen zu berücksichtigen haben. Müssen die betriebswirtschaftlichen Belange von Hebammen offen dargelegt werden, um dem neuen Gesetz gerecht zu werden? Oder ist alles letztlich eine Sache der Verhandlungen?

Nein, diese Formulierung im § 134 a bedeutet, dass nicht nur die Krankenkassen mit ihren Einsparungsbestrebungen im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen, sondern eben die wirklich berechtigten Bedürfnisse der Hebammen Berücksichtigung finden müssen. Natürlich werden wir verhandeln und unsere Vorstellungen benennen. Aber erst einmal schauen wir auch genau, was uns von der anderen Seite angeboten wird. Es kann sein, dass wir unsere Zahlen dann gar nicht aus der Tasche ziehen müssen.

Wie sollen Betriebskosten oder Verwaltungsaufwand künftig im Stundenlohn für die Hebammentätigkeit berücksichtigt werden, beispielsweise der zeitliche und finanzielle Aufwand für das Schreiben von Rechnungen, Anschaffungen für die Praxis oder berufliche Fortbildungen? Derartiger Aufwand scheint neben der tatsächlichen Hebammenleistung im bisherigen Stundenlohn nicht enthalten zu sein - bei Handwerkerrechnungen ist man daran gewöhnt.

Nein, diese Kosten sind heute in unserer Vergütung nicht enthalten. Wir sind am unteren Ende mit unserem Stundenlohn – es grenzt an Selbstausbeutung. Unsere Betriebswirtin schüttelt den Kopf, für welchen Lohn wir arbeiten und was wir dafür alles leisten. Viele sagen, unsere Tätigkeit sei „Liebhaberei“ und nicht ein richtiges Geschäft. Dabei tragen wir Verantwortung für Leben und Tod. Unsere Bezahlung muss realistisch angesiedelt werden. Die elektronische Datenübertragung bei der Abrechnung ist ein gutes Beispiel für Kosten, die auf uns zukommen. Die Krankenkassen haben dadurch große Vorteile, sie können beispielsweise auch leichter Plausibilitätsprüfungen durchführen. Langfristig ist es natürlich auch für Hebammen eine Arbeitserleichterung, die EDV zu nutzen.

Sind Hebammen zu bescheiden?

Vor 13 Jahren, als ich noch Schülerin war, stand bei einer Tagung eine Kollegin auf und sagte, wir müssten doch dankbar sein für unseren schönen Beruf. Gott sei Dank entwickelt sich zunehmend auch ein Geschäftssinn. Allein schon der „Eiertanz“, das Rufbereitschaftsgeld mit einer Frau zu vereinbaren - das muss man erst lernen.

Soll diese Rufbereitschaftsvergütung in Zukunft von den Kassen übernommen und in die Geburtspauschale eingerechnet werden? Paare, die sich für eine Geburt zu Hause oder einer Geburtshaus entscheiden, sind, verglichen mit einer Krankenhausgeburt, benachteiligt.

Wir werden erneut über die Rufbereitschaftspauschale verhandeln und hierbei auch Urteile aus anderen Berufen heranziehen, die besagen, dass die Rufbereitschaft als Arbeitsleistung und nicht als Freizeit anzurechnen ist.
Was die Geburtshäuser betrifft, wollen wir, dass die Betriebskostenpauschale im fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) verankert wird und damit wäre sie dann eine Kassenleistung. Eine gesetzliche Grundlage für unsere Arbeit gibt es bisher nur in der Reichsversicherungsordnung von 1911. Wir wollen unsere Tätigkeitsfelder in das fünfte Sozialgesetzbuch einbringen. Das ist das Gesetz, worin geregelt wird, welche Ansprüche und Rechte die Frau, beziehungsweise die Leistungsempfängerin hat. Zum Thema Hebammenhilfe ist darin bisher so gut wie nichts zu finden. Allenfalls die Themen Empfängnisverhütung und Schwangerschaftsabbruch sind dort erwähnt. In einer Kooperation über fast zwei Jahre zwischen dem BDH, dem BfHD, dem Netzwerk der Geburtshäuser in Deutschland und der Koordinationsstelle der Berliner Geburtshäuser haben wir gemeinsam einen Entwurf zur Gesetzesänderung erarbeitet, den wir gerade eingereicht haben.

Wie funktioniert so eine Initiative? Muss man dazu Politiker im Boot haben?

Wir haben in unserer „SGB-V-Gruppe“ einen breitflächigen Entwurf erarbeitet, der die gesamte Hebammenarbeit abdeckt: alle Tätigkeiten von der Familienplanung bis zum Ende der Stillzeit, auch Punkte wie unsere Hinzuziehungspflicht werden da benannt. Dieser Gesetzesentwurf ist von unseren Justitiaren geprüft worden und wir haben außerdem einen Fachanwalt konsultiert, der darauf spezialisiert ist. Es war viel Arbeit, aber es ist ein guter Entwurf geworden; alle haben im demokratischen Stil daran mitgewirkt. Über den Gesetzesentwurf haben wir auch die Krankenkassen informiert, die ja unsere Verhandlungspartner sind. Sie stehen unserer Initiative zustimmend gegenüber. Dieser Rückhalt ist politisch natürlich sehr wichtig. Parallel dazu steht nun die Lobbyarbeit an: Alle, die jemanden aus dem politischen Leben kennen, machen ihn persönlich auf unser Anliegen aufmerksam. Natürlich nutzen wir auch alle politischen Kontakte, die im Laufe der vergangenen Jahre vom BfHD aufgebaut wurden.

Wann tritt die Gesetzesänderung frühestens in Kraft, vorausgesetzt sie wird angenommen?

Das ist schwer einzuschätzen. Solche Gesetzesinitiativen gehen einen langen Weg durch verschiedene Gremien, das kann schon ein oder zwei Jahre, manchmal auch länger dauern. Wichtig ist zunächst, die PolitikerInnen zu überzeugen, dass die Gesetzestextänderung notwendig ist. Dies dürfte nicht allzu schwierig sein. Ein Gesundheitssystem, das zum Thema Fortpflanzung lediglich Empfängnisverhütung und Schwangerschaftsabbruch regelt, steht in diesen Zeiten nicht gut da!

Es ist wenig passiert in den letzten Jahren, vermutlich sind deshalb auch viele Kolleginnen nervös geworden.

Gerade deswegen passiert im Moment besonders viel. Wir haben für 2006 ein volles Programm: Ganz oben stehen die Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen, gemäß dem Paragraphen 134a SGB V. In diesem Zusammenhang müssen wir uns über eine Schiedsstellenregelung einigen. Der BDH hat einen Vorschlag eingereicht, jetzt reichen die Kassen einen Gegenvorschlag ein. Dann wird man sich einigen, wie die Schiedsstelle aussehen wird - wie viele Mitglieder von jeder Berufsgruppe und wie viele unparteiische Mitglieder dabei sind. Und parallel dazu geht jetzt diese Änderung des fünften Sozialgesetzbuchs in den parlamentarischen Prozess, an dem die Verbände – nicht zuletzt im Hinblick auf die Selbstverwaltung – jahrelang gearbeitet haben. Wir gliedern uns damit stärker als bisher in das Gesundheitssystem ein, in dem wir bisher durch den Beistand des Ministeriums eine Sonderrolle eingenommen haben. Das hat vielleicht den Nachteil, dass wir unsere Tätigkeit nach außen transparenter präsentieren müssen. Aber es hat auch Vorteile: wir müssen als Berufsgruppe ernst genommen werden. Darunter darf natürlich unser Selbstbestimmungsrecht und unsere Autonomie nicht leiden.

Letztes Jahr gab es Konflikte zwischen Hebammen und Ärzten bei der Schwangerenvorsorge. Wird für die Zukunft sichergestellt, dass die Schwangerenvorsorge der Hebammen neben der ärztlichen unproblematisch abgerechnet werden kann?

Ich bin mir nicht sicher, ob dies wirklich auf die Dauer konfliktfrei ist, weil wir keine randscharfe Abgrenzung haben. Wenn unser Gesetzesentwurf durchkommt, wonach wir vom Eisprung bis zum Ende der Stillzeit unumstritten zuständig sind, wird es bleiben wie bisher, dass wir die Frau ausschließlich betreuen und das dann auch abrechnen können. Wir haben natürlich nichts gegen konstruktive Zusammenarbeit, aber die ganze normale Grundversorgung oder die physiologische Schwangerschaft liegt erst einmal in Hebammenhänden. Das ist nicht unbedingt immer allen klar.

Freiberuflich tätige Hebammen, die keinem Berufsverband angehören, müssen sich laut Gesetz dem Vertrag anschließen, der zwischen den Verbänden und den Kassen ausgehandelt wird. Wie geht das vor sich?

Dafür sorgen die Kassen: Sie werden einen entsprechenden Vordruck erstellen, mit dem solch eine Kollegin dem Vertrag beitreten kann. Genaueres wird Gegenstand der Verhandlungen sein.

Gehen Sie davon aus, dass der Vertrag mit den Kassen noch in diesem Jahr geschlossen wird? Werden die Hebammen Kompromisse eingehen, wenn die Zeit knapp wird?

Nein, keine Kompromisse! Wir werden uns einigen müssen, dazu sind wir gesetzlich verpflichtet – bis zum 30. November sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein und ab 1. Januar 2007 sollen die neuen Regelungen gelten. Ich habe den Eindruck, dass die Kassen auch stark daran interessiert sind, dass wir das dieses Jahr noch schaffen. Wir müssen uns jetzt häufig treffen, haben für Mai sogar zwei Tage hintereinander reserviert.

Sie haben in früheren Jahren Erfahrungen in der Gewerkschaftsarbeit als Jugendvertreterin der Gewerkschaft und nachher Gesamtjugendvertreterin für Berlin gesammelt, kommt Ihnen das bei den Verhandlungen zugute?

Ich erlebe unsere Verhandlungen heute nicht so sehr als „Hauen und Stechen“, wie das damals in der freien Wirtschaft üblich war. Meine Erfahrung aus der Gewerkschaftsarbeit hilft mir heute. Ich habe „keine Bange“ vor den Verhandlungen, weil ich das bereits kenne. Aber es ist auch anders jetzt, die Fronten sind - bisher jedenfalls - nicht verhärtet, wir verhandeln auf Augenhöhe. Es macht einfach auch viel Spaß, weil es für uns so viel bedeutet.

Susanne Schäfer, herzlichen Dank für das Gespräch!


Die Interviewte

Susanne Schäfer hat 1979 Bürokauffrau gelernt. Sie war Gesamtjugendvertreterin für die Auszubildenden im Hertie-Konzern in Berlin und aktiv an der gewerkschaftlichen Frauenarbeit beteiligt. Anschließend arbeitete sie in selbstverwalteten Betrieben und hat nach der Hausgeburt ihres zweiten Sohnes die Hebammenausbildung begonnen. Seit 1996 ist sie Hausgeburtshebamme in Frankfurt am Main und Berlin, seit Sommer vergangenen Jahres Vorsitzende des Bundes freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD).


Die Autorin

Katja Baumgarten ist freie Hebamme, Filmemacherin und Journalistin in Hannover. Sie ist als Mitglied der Redaktion und als Fachbeirätin für die Deutsche Hebammen Zeitschrift tätig.
Weitere Informationen: www.KatjaBaumgarten.de



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