St. Paulus, Göttingen 
     
Bericht in der Beilage "engagiert" der Kirchenzeitung Nr. 31 vom 5.8.2001  
  
     (Der Bericht kann auch auf der Webseite der KIZ (engagiert) gelesen werden.)
       
http://www.kiz-online.de/Engagiert/ENG_Thema/Gemeindeberatung2.html   
        Beachten Sie auch die anderen Beiträge über "Gemeindeberatung

      (aus dem INTERNET, nur Format überarbeitet)      

Perspektiven für St. Paulus

Wie eine Göttinger Gemeinde sich auf den Weg zur Erneuerung macht

Wir leben in einer Zeit großer gesellschaftlicher Veränderungen, die jeden von uns betreffen ­ auch unsere Gemeinde. Wie können wir als Einzelne und als Gemeinde in Göttingen unseren christlichen Glauben leben? Welche Schwerpunkte und Zielsetzungen haben wir in St. Paulus?

Um auf diese und ähnliche Fragen hilfreiche Antworten zu finden, sind wir seit zwei Jahren mit zwei Gemeindeberatern auf dem Weg. Jede und jeder in der Gemeinde ist herzlich eingeladen, auf diesem gemeinsamen Weg mitzudenken, mitzureden und mitzuhandeln.

Ausgangspunkt dafür ist eine realistische Bestandsaufnahme unserer Gemeinde. Im Pfarrgemeinderat und in der Steuerungsgruppe, die für den Gemeindeentwicklungsprozess eingerichtet wurde, haben wir viele Stunden mit fruchtbaren Gesprächen, Planungen und Absprachen verbracht. Ziele waren die Beschreibung des gegenwärtigen Gemeindezustandes und grundsätzliche Gedanken für die Zukunft: "Wie sieht die Realität in unserer Gemeinde, im Leben der Gemeindemitglieder und für die Menschen um uns herum aus?" Diese Frage war dabei immer wieder Ausgangspunkt. Bei aller Arbeitsdisziplin gab es auch viel Spaß und lustige Momente. Besonders wenn wir versuchten, unsere Gemeinde als Flusslandschaft, Biotop oder ähnliches bildlich darzustellen.

Gespräche geführt 

Für den ersten großen Schritt halfen Fragebögen, die in der Gemeinde verteilt wurden. Außerdem wurden persönliche Interviews mit Menschen innerhalb und außerhalb der Gemeinde durchgeführt. Bei den Interviews, zum Beispiel mit dem benachbarten evangelischen Geistlichen, Vertretern der Politik oder dem "Kaufmann um die Ecke" wurde gezielt danach gefragt, wie unsere Gemeinde wahrgenommen wird. Erwartungen an die Gemeinde sollten erfragt werden oder auch was die Interviewten an St. Paulus stört. Bei den Fragebogen ging es vor allem darum, wie St. Paulus in den Grundbereichen der Kirche ­ "Glaube und Gottesdienst", "Verkündigung", "geschwisterliche Gemeinschaft" und "Dienst an den Benachteiligten" ­ erlebt wird. Doch auch nach besonderen Formen des Glaubens- und Gemeindelebens, nach wichtigen Aufgabenfeldern von Kirche und nicht zuletzt nach der eigenen Bereitschaft mitzumachen, wurde gefragt.

Der Versuch, unserer Gemeinde eine glaubwürdige Gestalt für die Zukunft zu geben, konnte so seinen Anfang nehmen, ein erster Meilenstein war erreicht. Elf Gemeindemitglieder hatten sich auf den Weg gemacht und sind bei interessanten, oft mehrstündigen Gesprächen nah und fern stehenden Menschen in unserer Gemeinde begegnet. Auf beiden Seiten gab es viel Neues zu entdecken und viel positive Resonanz.

Überraschend gute Ergebnisse    

Auch der Rücklauf der Fragebögen war ein voller Erfolg. Von 700 ausgegebenen Fragebögen sind 104 Stück zurückgegeben worden. Das ist (verglichen mit ähnlichen Aktionen anderer Gemeinden) mehr als erwartet. Nicht nur zahlenmäßig, auch inhaltlich betrachtet brachten diese Aktionen viele tolle Ergebnisse, die nun für den weiteren Prozess bedeutsam sein sollen. Diese engagierte Teilnahme an verschiedenen Stellen und die dabei erkennbare Bereitschaft, an irgendeiner Stelle im "Getriebe Gemeinde" mitzutun, machte die Entscheidung des Pfarrgemeinderates, den Prozess fortzusetzen, leicht.

Ein zweiter wichtiger Meilenstein war eine Zukunftswerkstatt, die wir durchgeführt haben. Dieser Gedankenaustausch war ein tolles Erlebnis. Mit vielen Gemeindemitgliedern konnte so über Zustand und Möglichkeiten der Gemeinde, wo sie steht, wie sie sich entwickeln kann, gesprochen werden.

Gemeinde hat gutes Image     

Am Tag der Zukunftswerkstatt wurden unter anderem die Ergebnisse der Umfrage präsentiert: So hat St. Paulus bei den befragten Menschen ein gutes Image. Die Mehrheit der Befragten ist in den letzten Jahren in einem guten Kontakt mit der Pfarrei geblieben, beziehungsweise hat die Beziehung zur Pfarrei noch verbessert.

Die Pfarrei spricht besonders Familien und Kinder an. Als Stärken der Pfarrei werden erlebt: eine Pastoral, die Freiräume für Beziehungen schafft, Gespräch und Kommunikation, die Gottesdienste und die Katechese rund um die Kommunionvorbereitung.

Veränderungsbedarf wird vor allem in den Grunddiensten der Koinonia (Gemeinschaft) und der Diakonie angemeldet. Befragte, die die Gemeinde gut kennen (Hauptberufliche, Pfarrgemeinderatsmitglieder, engagierte Ehrenamtliche) schildern übereinstimmend, dass viele Menschen wenig übereinander wissen, die Gruppen wenig Kontakt untereinander haben und zuweilen die Arbeit des Pfarrgemeinderates und das Leben der Gemeinde aneinander vorbei laufen. Vernetzung ist ein Thema, das uns deshalb in der zweiten Hälfte des Gemeindeentwicklungsprozesses weiter beschäftigen wird.

Am Nachmittag vertieften wir in Gruppen spezifische Themen: Jugendarbeit, Gottesdienste und Ökumene ebenso wie Vernetzung nach innen und außen, Gemeinde als Ort der Begegnung sowie Katechese und Glaubensvertiefung.

Viele Ideen sind vorhanden       

Auch über Menschen, die zu wenig im Blick sind, und die Situation von Eltern wie Familien wurde gesprochen. Wir stellten fest, dass vieles gut gelingt und auch sehr viele gute Ideen vorhanden sind. Aber auch Grenzen wurden sichtbar: Wie waren doch Jesu Worte über die fehlenden Arbeiter, wenn die Ernte so groß ist?

Erste praktische Konsequenzen aus der Gemeindeanalyse und der Zukunftswerkstatt setzten an drei Bereichen an:

u Schon länger wollten wir am Glauben interessierte, aber mit dem Gemeindeleben nicht verbundene Menschen ansprechen. Das ist jetzt bereits zweimal in einem sogenannten Alpha-Kurs geschehen: Wir haben Interessierte ­ fast 100 Personen! ­ zehn Abende lang zu einem guten Essen eingeladen und anschließend Glaubensgespräche geführt. Das war viel Arbeit für die Beteiligten, aber ein voller Erfolg.

u Im gottesdienstlichen Leben haben wir einige Neuerungen eingeführt.

u Ein schwieriges Feld ist das der Jugendarbeit. Es gibt einige wenige Jungendliche in unserer Gemeinde; unser Gemeindeassistent engagiert sich mit neuer Kraft. Wir haben gelernt, dass wir hier mit dem Dekanat kooperieren müssen. Da bringen begrenzte Projekte wie eine Ferienfahrt aber auch Erfolg.

Wie geht es nun weiter     

Im letzten halben Jahr ist es von außen her besehen ruhiger geworden. Kritische Stimmen haben schon nachgefragt, was aus dem Gemeindeentwicklungsprozess geworden ist. Die Steuerungsgruppe hat sich für die nächste Etappe neu konstituiert.

Die Frage war und ist: Wie kann Vernetzung in unserer Gemeinde aussehen? Zugegeben, anfangs waren wir recht hilflos. Die Gemeindeberater haben uns aber zur Suche ermutigt.

In einer ersten Phase haben wir neue Ideen gesammelt. Jetzt setzen wir an diesen konkreten Schritten an:

u Beim Pfarrfest werden erstmals Gruppen, die bisher nichts miteinander zu tun hatten, gemeinsam Aktionen starten.

u Der Pfarrgemeinderat wird sich in Kürze, von den Beratern begleitet, ein Wochenende lang mit Vernetzung beschäftigen.

u Die Begleitung der ehrenamtlichen Multiplikatoren ­ der "Brückenbauer" ­ ist neu in den Blick gerückt.

u In der zweiten Jahreshälfte wollen wir eine Vernetzungsinitiative in der Gemeinde starten.

So geht der Prozess manchmal schnell, manchmal mühsam voran. Konflikte sind nicht ausgeblieben ­ in einer Großstadtgemeinde, die einem starken Wechsel unterworfen ist und viele Gesichter zeigt bleiben Unstimmigkeiten nicht aus.

Immer wieder wird uns dabei deutlich: 
Was macht das Profil von St. Paulus in unserer Stadt aus? Wir werden uns noch deutlicher unserem spirituellen Leitbild stellen müssen. 
Das ist der aktuelle Stand. Wir sind gespannt auf Neues.

Für die Beteiligten aus dem Gemeindeentwicklungsprozess in St. Paulus: 
Konrad Wehr, Elisabeth Kirscht, Pfarrer Norbert Hübner

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Weitere aktuelle Informationen über die Gemeinde und den Beratungsprozess 
               im Internet unter der Adresse:
http://www.dabakus.de/st.paulus/
  

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Bei Interesse lesen Sie auch den Artikel: 
         "Bloß nicht zu schnell machen"    vom Oktober 2000

      oder auf der Seite der Kirchenzeitung: 
http://www.kiz-online.de/Archiv_Nachrichten/00Nachricht43-1.html 

 



    08/2001