Texte



sh kahl

 

das flimmern der atlanten

zu Adolphe Lechtenberg

 

 

 

»Ich kann es nicht sagen, wo die Süße beginnt,

Ob in den Zellen des Holzes verkapselt,

Ob destilliert aus saurer Erde

Oder nur an den Spitzen, als Vermählung mit Luft.«

Michael Hamburger

 

 

dort: der verirrte blick, die wirrenden augen. hier hangele ich mich an den konturen entlang, besser: an den aufwürfen der farben. die betrachtung wird zum geologischen akt: das verfolgen von farbschichten, das behutsame freilegen des malgrundes, kernbohrungen. das einzelne bild als geographie, als künstlich erschaffene landschaft. das werk als atlas, ein bestimmungsbuch, das modelle zum abgleichen enthält, diagramme : -graphen. bei Roland Barthes heiszt es, die idee der tiefe sei allgemein. im bild bedeutet dies die perspektive. hier jedoch sind es die höhenlinien, welche das allgemeine verbergen. nicht als medien, sondern als objekte selbst. die aufgabe des betrachters: diese zu finden und somit seine orientierung. und in manchen arbeiten sind sogar ihre ursprünge erkennbar, aber paradox: nicht sofort sichtbar als oberfläche. denn diese wird ihr eigenes material, ohne jedoch genügsam bei sich selbst zu verharren, sondern unentwegt neue reize ausbildend, die augen in einem zustand der unruhe haltend.

 

[krefeld, 20.01.2006]