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NRZ/Essen/Lokalausgabe/8.12.2003
Musikalischer Spagat, der Spaß macht
KONZERT / Einen sehr gemischten Abend gibts am 11. Dezember in den "Katakomben". Das "Jazzwerkruhr" lädt zur "Projektvorstellung". Für Veit Lange ist das Ganze eine "phantastische Sache", Andreas Wahl spricht von einer "idealen Konstellation". Kein Wunder, gehören die beiden Essener Profi-Musiker doch zu den Auserwählten, denen das "Jazzwerkruhr" in diesem Jahr ein "Projekt" ermöglicht. Was in ihrem Fall heißt: Veit Lange mit seiner Gruppe "Cosmic Delivery" und Andreas Wahl mit der "Andreas Wahl Experimentle Band" können mit organisatorischer und finanzieller Unterstützung des "Jazzwerkruhr" Aufnahmen einspielen und veröffentlichen. Zudem werden die Bands - zusammen mit der Sängerin Rosani Reis - am 11. Dezember um 20 Uhr in den Essener "Katakomben" und am 12. Dezember im Dortmunder "Theater im Depot" Konzerte geben. Vorhaben fördern, die sonst keine Chance haben - das will alljährlich das "Jazzwerkruhr" mit Sitz in Dortmund. Die einen wollen ins Tonstudio, andere möchten einmal mit einem bestimmten Musiker oder Dj spielen und auftreten. 20 000 Euro überweist das Land NRW dafür in diesem Jahr an die Jazzwerker (2002 waren es noch 40 000 Euro). Das Ergebnis kann sich nun am 11. Dezember hören lassen. Ein "großes Spektrum" und "echten Spaß" verspricht Andreas Wahl. Bei "Cosmic Delivery" etwa wirken drei Djs mit, gespielt wird eine frei improvisierte Mischung aus Clubmusik und Jazz. Die "Experimentle Band" wiederum wagt den "Spagat in alle Richtungen" (Andreas Wahl): von Klassik über Folk und Rock bis Metal. Und die Sängerin Rosani Reis mixt gerne brasilianische Rhythmen mit Jazz, unterstützt wird sie dabei etwa von Hans Wanning am Klavier. (wo) "Katakomben" (ehemals Satiricon) im Girardet-Haus, Karten für 13, ermäßigt 10 Euro unter Tel: 814 14 94.

WR/Dortmund/Lokalausgabe/15.12.2003
Die Kunst des Karrieresprungs
(j_po) Das "Jazzwerk Ruhr" arbeitet oft im Verborgenen. An diesem Wochenende kommt es an die Oberfläche. "Jazzwerk Ruhr", ein Projekt der regionalen Kulturförderung, versucht seit 2001 die Jazzszene zwischen Dortmund und Essen zu professionalisieren. Künstler der Region, die von der Qualität her keinen internationalen Vergleich scheuen müssen, sollen auf große Bühnen vermittelt werden. "Jazzwerk Ruhr" will - kurz gesagt - Karrieresprünge möglich machen. Drei Projekte werden in diesem Jahr gefördert: Andreas Wahls Experimentle Band, Rosani Reis und Cosmic Delivery sind am Wochenende live zu hören, wenn der aktuelle Jahrgang der "Jazz-Stipendiaten" im "Theater im Depot" gastiert. Termin: 12. Dezember, 20 Uhr, Immermannstraße 39. Andreas Wahl, geboren im Schwäbischen und seit 16 Jahren Wahl-Essener, beschreibt die Segnungen des Jazzwerks so: Sein Band-Projekt mit gestandenen Musikern aus verschiedenen Regionen habe bislang keine CD-Veröffentlichung zu Stande gebracht. Gemeinsames Proben, Live-Auftritt - und dann auch noch ins Studio: "Jazzwerk Ruhr" macht es jetzt dank einer Finanzspritze jetzt möglich. Dass eine Debüt-CD durchaus Türen öffnen kann, hat Wahl vor Jahren mit einem anderen Bandprojekt erlebt. Mit dem professionellen Demo-Material gelang der Sprung auf eine Amsterdamer Festival-Bühne. Auch Nachwuchsförderung wird betrieben. Am 12. Dezember um 17 Uhr spielt im Rahmen von "Jazzwerk Ruhr" das "Young Improvisers Orchestra" im "domicil" (Leopoldstraße 60). Es ist aus einem Schulprojekt hervorgegangen. Die Konzerte im Essener Satiricon und im Theater im Depot Dortmund boten erwartungsgemäß keine fertigen Projekte, sondern beleuchteten künstlerische Prozesse, deren weiterer Verlauf nicht absehbar ist (vielleicht nicht einmal von den Musikern selbst), deren grundsätzlich eingeschlagene Richtung aber Hoffnungen weckt. Zumal internationale Gäste, die im Zusammenspiel mit den Revier-Musikern frische Impulse setzten, mögliche (oder sinnvolle) Entwicklungswege aufzeigten. So verstärkte die norwegische Sängerin und Elektronik-Expertin Maja Ratkje das ebenfalls mit allerlei Elektronik arbeitende Trio "ProfessorDoctorDoctor" (Nils Ostendorf, Trompete; Philipp Weies, Gitarre; Morton Nottelmann, Schlagzeug). Klänge, Fragmente, kleine Phrasen werden live gesampelt, verfremdet und allmählich zu rhythmischen Sounds mit durchaus groovenden Momenten verdichtet. Doch auf diesem Weg geht es lange akademisch, ja authistisch zu, zu sehr abgeschottet vom Publikum. Ratkje dagegen kommunizierte, belebte, auch am Theremin, das Geschehen mit kraftvollen, spannenden und witzigen Akzenten. Dass die Vier Anfang der Woche ins Aufnahmestudio wollen, lässt vermuten, dass auch bei dem Revier-Trio ein Weiterdenken eingesetzt hat. Auch das zwischen orientalischer (Sufi-)Musik und Jazz vermittelnde Ensemble "Nefes in Motion" erfuhr durch die Loops und Samples des Londoner DJs und Elektronikers Necmi Cavli eine imense Bereicherung. Gerade Cavli machte deutlich, woran die vielversprechende Musik der Reviergruppe zur Zeit noch krankt: an zu großer Bravheit.


WAZ/Dortmund/Lokalausgabe/9.12.2003
Die Kunst des Karrieresprungs
"Jazz in der Schule" Opfer leerer Kassen Förderung des Landes seit 2002 halbiert - Geld reicht nur Unterstützung von Künstlern.
Zum dritten Mal fördert das Jazzwerk Ruhr in diesem Jahr Musiker aus der Region. Doch das Land hat seine Förderung seit 2002 halbiert. Deshalb läuft das erfolgreiche Projekt "Jazz in der Schule" nicht weiter. Auf einer Pressekonferenz stellten die Organisatoren um Antje Grajetzky gestern das diesjährige Programm des Jazzwerks vor. Am Sonntag, 12. Dezember, treten die Sängerin Rosani Reis, die "Andreas Wahl Experimentle Band" und "Cosmic Delivery" ab 20 Uhr im Depot-Theater auf.

Die Künstler werden vom Jazzwerk finanziell unterstützt. Die Bands können mit dieser Hilfe ihre ersten CDs einspielen. Die brasilianische Sängerin Rosani Reis nutzt das Geld, um mit dem international renommierten Gitarristen Sérgio Santos einen Tonträger aufzunehmen. Ziel der Förderung ist es, Jazzband aus dem Ruhrgebiet auch auf internationaler Ebene bekannt zu machen. Erste Erfolge des Konzepts belegt die Karriere der Matthias-Müller-Bhavan-Band. Sie wurde vom Jazzwerk unterstützt und hat mittlerweile auf zahlreichen hochkarätig besetzten Festivals gespielt. Allerdings hat das Land NRW seine Zuschüsse für das Jazzwerk drastisch gekürzt. 2002 flossen noch 45 000 Euro, in diesem Jahr reduzierte sich die Fördersumme auf 20 000 Euro. "Ohne Zuschüsse der Städte Essen und Dortmund könnten wir nicht einmal die Konzerte finanzieren", sagte Antje Grajetzky. Deshalb läuft das Projekt "Jazz in der Schule" nicht weiter. Bis Juni diesen Jahres hatten Profimusiker Schülern in Vorträgen und Konzerten den Jazz nahe gebracht. Im aktuellen Programm fördert das Jazzwerk lediglich fünf Proben des "Young Improvisers Orchestra". Die Nachwuchsmusiker treten am Sonntag, 12. Dezember, ab 16 Uhr im Domicil auf.


WR/Dortmund/Lokalausgabe/14.12.2003
Wenn der DJ mit den Jazzern spielt
Von Christoph Giese

NRW-Szene stellt sich in Essen und Dortmund
vor - Das Revier scheint zu inspirieren Drei Bands bei der dritten Ausgabe von "jazzwerkruhr" sorgten im "Theater im Depot" für drei Konzerte, die unterschiedlicher kaum hätten sein können. Was zunächst die "Experimentle Band" des lange schon in Essen lebenden schwäbischen Gitarristen Andreas Wahl servierte, sprach ganz schön den Kopf an. Die vertrackten Rhythmen und Melodielinien des Quintetts in einem Geflecht aus Komposition und Improvisation wären wohl schwere Kost geworden, wenn nicht immer wieder teils herrlich brachiale Grooves durchgebrochen wären. So entpuppte sich der von Wahl angekündigte schwäbische Bauerntanz als schwere, erdige Rocknummer, in der einmal mehr Hartmut Kracht seine Bassgitarre richtig krachen ließ. Mit der Förderung von "jazzwerkruhr" will dieses freigeistige, stilübergreifende Quintett demnächst eine CD produzieren. Man darf gespannt sein. Das gilt auch für das Duo von Sängerin Rosani Reis mit dem Sänger, Komponisten und Gitarristen Sérgio Santos. Der Brasilianer konnte aufgrund einer plötzlichen Erkrankung nicht nach Dortmund kommen. So spielte Reis kurzfristig mit ihrem Quartett ihre feine Mischung aus Jazz und Müsica Popular Brasileira und deutete in einigen schon gemeinsam erarbeiteten Titeln an, wie fruchtbar die Zusammenarbeit mit Santos werden kann. Zum Abschluss wurde es richtig modern beim "jazzwerkruhr". "Cosmic Delivery", eine achtköpfige Formation aus Jazzmusikern, DJ Dr. Ben und dem Weltmeister an den Plattentellern, DJ Rafik, mischte live gespielte Jazzmusik, Samples und Drum&Bass-Rhythmen mit DJ-Scratching. Noch hat dieses improvisierte Zusammenspiel mehrerer Musikwelten zwischendurch einige Längen. Aber wie DJ Rafik Gitarren- und andere Klasse-Sounds von seinen Vinylscheiben in die manchmal an Cool Jazz erinnernde Musik reinlaufen ließ, das sorgte für spannende, tranceartige Momente.


WAZ/Dortmund/Lokalausgabe/14.12.2003
Jazz wurzelt in Brasilien und Schwaben

NRW-Szene stellt sich in Essen und Dortmund
vor - Das Revier scheint zu inspirieren
"Samstags in Essen, sonntags in Dortmund: Initiiert von der "Jazz Offensive Essen" und der Dortmunder Initiative "Pro-Jazz", präsentierte sich am Wochenende die Jazz-Szene aus NRW in beiden Städten. Im Theater im Depot gab es ein vielseitiges Konzert. Im Ruhrgebiet ist Rosani Reis längst eine Hausnummer. Seit der Weltmusik-Messe "Womex", die in diesem Herbst in Essen stattfand, zeigt aber auch der Rest der Welt Interesse an der in Gelsenkirchen lebenden Brasilianerin. Dass der Erfolg nicht nur ihrem attraktiven Äußeren, sondern in erster Linie ihren gesanglichen Qualitäten zuzuschreiben ist, das unterstrich sie einmal mehr beim Auftritt mit ihrer Band. Eigentlich sollte Rosani Reis mit dem Gitarristen Sergio Santos auftreten, mit dem sie auch ihr aktuelles Projekt erarbeitet hat, doch der Brasilianer erkrankte in der Woche zuvor so schwer, dass eine Reise nach Deutschland nicht möglich war. Kurzerhand sprangen Musiker wie der Dortmunder Pianist Hans Wanning ein und erarbeiteten sogar inige der neuen Songs, die Rosani Reis mit Sergio Santos geschrieben hatte.

Den Auftakt des Abend gestaltete der Gitarrist Andreas Wahl und seine "Experimentle Band". Seit 15 Jahren ist das Ruhrgebiet die Wahl-Heimat des Schwaben. Seine Herkunft, die sich
schon im Namen "Experimentle" dokumentiert, verbirgt er nicht. Aber auch musikalische Spuren sind unüberhörbar. Zwar fiel es schwer, aus dem von einem wuchtigen, fast grungigen Bass-Riff geprägten Sound einen schwäbischen Bauerntanz abzuleiten, aber beim folgenden, vergleichsweise lieblichen "Kinderlied" war Wahls Spurensuche schon offensichtlicher. Bieder, brav, langweilig, sparsam und schläfrig: Das sind Eigenschaften, die den Schwaben oft nachgesagt werden. Ganz anders die "Experimentle Band": Sie spielt vielseitig, offen, rasant und phantasievoll. Man könnte fast mutmaßen, dass sich ein Leben im Ruhrgebiet so positiv auf die Kreativität auswirkt. Irgendwie funktioniert es – egal ob man aus Stuttgart oder Brasilien kommt.

Hörfunk

WDR 5
02.12.2004 / Jazz twenty 5 /
Szene NRW: Jazzwerkruhr 2004 – Forum für die Szene des Ruhrgebiets“
Mit Cecilia Aguirre

WDR 3
08.12.2004 / Resonanzen /
Die Welt aus dem Blickwinkel der Kultur
Moderation: Kornelia Bittmann
Redaktion: Silvia Wiegand / Ulrike Gruner / René Aguigah
Internationale Qualität, regionale Förderung:
3. Festival des Jazzwerk Ruhr
Anja Buchmann
Die Jazzmusik im Ruhrgebiet wird konkret gefördert: Zum Beispiel seit 2002 durch das Projekt "Jazzwerk Ruhr". Zu den in diesem Jahr herausgestellten Künstlern gehört auch Rosani Reis. Die gebürtige Brasilianerin lebt seit 1990 in Deutschland und hat an der Essener Folkwanghochschule Jazzgesang studiert. Mittlerweile ist sie dort selbst Dozentin. Mit ihr hat das Ruhrgebiet eine jener hochkarätigen Musiker gewonnen, die das "Jazzwerk Ruhr" durch seine Förderung nicht nur unterstützen sondern auch an die Region binden will. Neben Rosani Reis werden am kommenden Wochenende beim 3. Festival des "Jazzwerk Ruhr" auch die Andreas Wahl Experimentle Band und die Formation Cosmic Delivery zu hören sein.

WDR 5
10. 12. 2004 / Scala
AutorIn: Thomas Wiethoff
Redaktion: Michael Rüger

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Print-Presse

taz NRW / Nr. 7537 / 11.12.2004
Experimentle an der Ruhr
Die Jazz-Szene an der Ruhr ist lebendiger als landläufig angenommen. Das Jazzwerk Ruhr präsentiert heute und morgen drei Bands, die das Revier zur Keimzelle ihres Schaffens gemacht haben
Kommentar, Rezension von Bernd Schäfer
Durchforstet man den Blätterwald überregionaler Feuilletons auf der Suche nach jazzigem Dasein im Ruhrgebiet, muss man annehmen, in einer Diaspora zu leben. Jazz kommt in der öffentlichen Wahrnehmung vorwiegend aus Amerika oder findet in anderen Metropolen statt. Dass es im Revier eine florierende Szene gibt, wird gerne totgeschwiegen.
Völlig zu Unrecht, findet Antje Grajetzky vom Jazzwerk Ruhr, einem regionalen Jazz-Forum: "Die Kreativzelle Ruhrgebiet gibt zahlreiche Impulse. Musiker aus der Region machen seit vielen Jahren mit ihren innovativen und professionellen Projekten international von sich reden", sagt die Sprecherin der Initiative, die mit ihren Veranstaltungen diese Entwicklung weiter fördern will. Bereits im dritten Jahr bietet das Netzwerk kreativen Köpfen der Region die Gelegenheit, ihre Konzepte vorzustellen. Heute und morgen präsentiert das Jazzwerk mit der Andreas Wahl Experimentle Band, Rosani Reis und Cosmic Delivery drei Formationen, die nicht nur die stilistische Vielfalt der hiesigen Jazzszene repräsentieren, sondern auch international Akzente setzen.
Diese Musiker stehen für eine junge Jazz-Generation, die das Ruhrgebiet zum Ausgangspunkt ihres kreativen Schaffens auserkoren hat. Andreas Wahl, der seine Band schwäbisch korrekt "Experimentle" nennt, schätzt die hiesige Szene auf mehrere hundert Musiker. Was sich nach Wahls Ansicht auch an internationalen Festivals ablesen lässt. Neben ortsansässigen Formationen, der üblichen Pariser und polnischen Szene, sind regelmäßig etliche Gruppen aus dem Revier anzutreffen. Was aber nur den Laien erstaunt. Denn neben den verschiedenen Jazzfachrichtungen der Hochschulen bietet die Region für die Jazzer einen strategisch günstigen Ausgangspunkt: "Köln, Paris, Amsterdam und Hamburg, das ist alles gut zu erreichen", weiß Wahl, der allerdings vor 16 Jahren nicht deswegen hier landete - die Liebe lotste ihn nach Essen, wo er wegen "der Mentalität, dem speziellen Humor, diesem sehr Eigenen" der Region schließlich blieb.
Zum Jazz fand Wahl schon als 16-jähriger "Revoluzzer": "Das hat meinem Lebensgefühl entsprochen - diese Freiheit, alles zu dürfen, und dass es keine falschen Töne gibt." Heute lebt der 39-Jährige im eigenen Haus mit Freundin und zwei Kindern. Dieser Spagat drückt sich auch in seiner Musik aus. Einerseits Formalismus, Klarheit, Disziplin. Andererseits ausreichend Freiraum für die anderen vier Musiker, um in den umfangreichen, nach vorne strebenden Arrangements ihre Improvisationen ausleben zu können. Einen Freiraum, den auch der Saxofonist Veit Lange braucht, um sich "improvisierend aus dem Fenster zu lehnen". Lange gehört neben der Experimentle Band auch dem Ensemble von Cosmic Delivery an. Die neunköpfige Formation wildert in den Regionen des Jazz, des Hip-Hop und Funk sowie in angrenzenden Genres und dreht auch mal am Plattenteller. Die Gruppe ist mit der Zeit eng zusammengewachsen: "Da gibt es nichts mehr zu proben", behauptet der 37-jährige Lange. Jeder Auftritt sei quasi ein Unikat. "Man kommt auf die Bühne und gibt Gas, improvisiert. Und das aus einem Gefühl heraus, selbst nicht derjenige zu sein, der die Musik produziert." Die Musik sei einfach da, sagt er. Man schöpfe nur das ab, was da ist und "liefert das dann ab."
Diese Momente fallen bei Lange in die Kategorie "forschen". Der Folkwang-Absolvent stöbert überall. Er sucht selbst bei Klassikern wie Bach und Mozart nach Anregungen für sein Spiel mit Saxofon und Klarinette. Die musikalischen Wurzeln von Rosani Reis hingegen liegen in ihrer ursprünglichen Heimat, dem brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais. In der Bergbauregion wird nach Gold und Edelsteinen geschürft. Diese Erfahrungen machen die Menschen dort verwandt mit den Menschen im Revier: "Die Offenheit, Direktheit und der ehrliche Umgang der Leute hier hat was Gemeinsames mit meinem Volk", sagt die Sängerin, deren Musik, die Musica Popular Brasileira, zum Jazz gezählt wird. Das trifft den Stil am besten - im Gegensatz zum schwammigen Begriff "populär". Außerdem bestehen musikalische Verwandtschaften, "in der Harmonie, der Formation und bei den Abläufen", sagt Rosani Reis, die in Gelsenkirchen wohnt und nur ein Beweis ist, wie lebendig die Jazz-Szene an der Ruhr ist.
Heute: 20:00 Uhr, Essen, Katakomben
Morgen: 20:00 Uhr, Dortmund, Depot
Infos: 0231-528385


NRZ/Essen/Lokalausgabe/13.12.2003
Jazz voll Kraft und Leidenschaft
Von Carsten Hein
Experimentelle Klänge und Latino-Rhythmen bebten durch die "Katakomben".
Mit mehr als nur einem Augenzwinkern präsentierte sich die "Andreas Wahl Experimentle" Band am vergangenen Samstag vor rund 100 Zuhörern beim insgesamt dritten Konzert des "Jazzwerkruhr" in den Katakomben im Girardet-Haus.
Gitarrist Wahl und seine vier Mitstreiter boten eine explosive Mischung aus Heavy-Metal-Sounds, Folkelementen und freien Improvisationen. Zusammen mit Hartmut Kracht, der wie ein Berserker auf seinen Bass eindrosch, und Christoph Hillmann am Schlagzeug gab Wahl den Hintergrund für die nervenzerwühlenden Soli der Saxofonisten Peter Bolte und Veit Lange. Die vor Kraft strotzenden Stücke tragen Titel wie "Hans im Glück" oder "Der kleine Wassermann". Wie gesagt, mit mehr als einem Augenzwinkern, denn von der Harmlosigkeit kindgerechter Unterhaltung sind die musikalischen Meditationen weit entfernt.
Mit leidenschaftlichen und schmachtenden Rhythmen Lateinamerikas unterlegte die Sängerin Rosani Reis ihre Stücke, die sich an einen eigenen Weg zwischen afrikanischen Ritualtänzen und klassischen Kompositionen des Latino-Jazz aus der Feder von Jobim und Villalobos bahnen. Keine Selbstverständlichkeit, denn nur einen Tag blieb der aus Brasilien stammenden Sängerin nach dem krankheitsbedingten Ausfall ihres Partners, um mit ihren neuen Mitspielern die Songs einzustudieren. Mit tänzerischer Anmut ließ die Diva die Hüften kreisen, was das Publikum zum Mitklatschen bewegte.
Club-Atmosphäre herrschte schließlich in den Katakomben, als "Cosmic Delivery" zu später Stunde auftraten. Die Band, die unter der Ägide von Saxofonist Veit Lange Samples, Drum n Bass-Rhythmen mit akustischen Klängen verknüpft, präsentierte mit dem Trompeter Nils Ostendorf einen Gast, der in Manier des Cool-Jazz immer wieder kristallklare Soli zum Besten gab und mit Veit Lange einen Dialog vor einer tranceartigen Soundkulisse bot. Die Zuhörer quittierten den Auftritt immer wieder mit Szenen-Beifall, andere tanzten lieber gleich mit.


NRZ/Essen/Lokalausgabe/13.12.2003
Im Jazzwerk Ruhr wird wieder hart gearbeitet Drittes Konzert im Katakomben-Theater

"Drückt uns die Daumen", forderte Rosani Reis von den Zuhörern im Katakomben-Theater im Girardet. Einen Tag hatte die aus Brasilien stammende Sängerin Zeit, nach dem Ausfall ihres Gitarristen Sérgio Santos mit ihren neuen Mitspielern zu proben. Doch ihre Darbietung am vergangenen Samstag beim dritten Konzert des "Jazzwerk Ruhr" überzeugte: Mit Soul-Timbre entführte Rosani Reis die knapp 100 Gäste in eine Klangwelt karibischer Ausgelassenheit und Melancholie. Afrikanische Tänze mischten sich bei Reis' neuen Stücken mit traditionellen Samba- und Rumba-Rhythmen. Die Mitstreiter um den Gitarristen Andreas Wahl sind alles andere als behäbig. Mit schroffen Tempi-Wechseln und Soli, die mit Rock-, Crossover und Hardbop-Elementen jonglieren, bildeten Bassist Hartmut Kracht und Christoph Hillmann den Rahmen für die freien Improvisationen von Peter Bolte, Altsaxofon, und Veit Lange an der Bassklarinette.
Veit Lange war erneut mit von der Partie, als "Cosmic Delivery" zum Ausklang des Abends mit Club-Rhythmen die ersten Gäste zum Tanzen brachte. Die Band, die Samples, Drum `n` Bass-Sounds und akustische Zutaten aus Funk, Industrial und Acid munter mischt, hatte mit dem Gast-Trompeter Nils Ostendorf eine kongeniale Verstärkung für ihren Frontmann gefunden. Mit schneidender Kälte tauchten Ostendorfs und Langes Soli in den eng geknüpften Klangteppichen auf: Reminiszenzen an den Cool-Jazz der 50er Jahre, umrahmt von hypnotischer Trance-Atmosphäre. nr

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