Eisenland zwischen Ruhr und Sieg

Bergisches Land und Märkisches Sauerland im Mittelalter

Die Länder Berg und Mark

Bergbau

Eisenverhüttung

Ein Hinweis zur Ortsnamensforschung

Schmieden und Hammerwerke

Märkische Drahtziehereien

Bergische Schleifereien

Köln war Drehscheibe des Eisenhandels

Die Länder Berg und Mark

Schon in der Römerzeit und im frühen Mittelalter zog der Nordwesten des Rechtsrheinischen Schiefergebirges zahlreiche Siedler an. Der Grund waren vermutlich große Holzreserven und Erzadern, die hier an der Erdoberfläche zugänglich waren. Später trat die Wasserkraft als bedeutender Wirtschaftsfaktor hinzu. Von Anfang an herrschte ein reger Güteraustausch mit den getreidereichen, jedoch metallarmen Ebenen an Rhein und Hellweg. Der Fernhandel mit Eisenprodukten lässt sich erst für das Spätmittelalter nachvollziehen.

Im 12 Jh. begannen die Grafen von Berg und von der Mark, hier ihre Territorien aufzubauen. Mit Ausnahme der saynschen Herrschaft Homburg brachten sie bis um 1500 alle Enklaven unter ihre Kontrolle. Berg stieg 1380 zum Herzogtum auf. Im 13. Jh. entstanden die ersten Städte innerhalb des Berglandes. Von den bis 1500 dort nachgewiesenen Zünften des Untersuchungsgebietes waren die meisten dem Eisengewerbe zugewandt.

Die bis 1500 nachgewiesenen Zünfte in Berg und Mark:

Ort Eisengewerbe Textilgewerbe   übrige Gewerbe
Stadt Ratingen Schmiede
Schleifer
Schneider Schuhmacher
Fleischer
Stadt Solingen Schwertschmiede
Härter u. Schleifer
Schwertfeger u. Reider
   
Cronenberg Sichtenschmiede    
Bergisch Gladbach Messerschleifer    
Stadt Iserlohn Schmiede
Panzermacher
Tuchmacher Kramer
Schuhmacher
Fleischer
Bäcker
Stadt Breckerfeld Stahlschmiede   Bäcker
Stadt Hattingen Schmiede und Schneider Kaufleute u. Bäcker
Fleischer, Löher u. Schuhmacher
Stadt Wipperfürth Schmiede Wollweber  
Stadt Lennep   Tuchmacher  
Freiheit Burg
a. d. Wupper
  Wüllner  
gesamt (ohne Hattingen) 11 5 7

Beachte: Cronenberg gehört heute zu Wuppertal, Lennep zu Remscheid und Burg zu Solingen.

Die jüngere Überlieferung lässt vermuten, dass auch in Altena, Lüdenscheid, Plettenberg und Radevormwald schon vor 1500 Zünfte im Eisengewerbe bestanden. Bewiesen ist das jedoch nicht. Seitenanfang

Bergbau

Den ältesten Beleg für Eisenbergbau, datiert um 1000, erbrachten Archäologen im Felsenmeer bei Hemer. Der Abbau geschah hier durch Ausräumen natürlicher Höhlen. Künstliche Stollen trieben die Bergleute erst im späten Mittelalter; zuvor arbeiteten sie im Tagebau (Pingen) und im Schachtbau.

Die früheste Urkunde aus dem bergisch-märkischen Raum, betreffend Altena, trägt das Datum 1395 (vgl. Karte Bergbau). Der Tiefbau erforderte großen technischen und finanziellen Aufwand und rief Unternehmergesellschaften auf den Plan. Zu den technischen Herausforderungen gehörte die Wasserhaltung. Eine "akerdrucht" ist 1450 für eine Eisengrube bei Marienheide bezeugt. Leitet sich der erste Bestandteil "aker" vom lateinischen "aqua" ab, dürfte "drucht" von "drücken" herrühren wie Zucht von ziehen. Damit hätten wir es mit einer Pump- oder Schöpfanlage zu tun. Eindeutig nachgewiesen sind solche Wasserkünste im Untersuchungsgebiet erst im 16. Jh. im Kaltenbachtal bei Engelskirchen. Seitenanfang

Eisenverhüttung

Ohne Zweifel gehört die Eisenverhüttung zu den interessantesten Kapiteln bergisch-märkischer Geschichtsforschung, hat doch die Archäologie in den vergangenen Jahrzehnten bahnbrechende Ergebnisse darin erzielt aufgrund flächendeckender Geländeprospektionen und gezielter Grabungen. Beginnt die schriftliche Überlieferung erst um 1400, gelang der "Spatenforschung" nicht nur der Nachweis zurück bis in die Merowingerzeit, sondern auch ein weitreichender technischer Einblick.

Am Anfang stand der maximal 1,50 m hohe Rennfeuerofen. Er arbeitete mit Hand- oder Tretblasebälgen. Der dabei erzeugte "Wind" ist zur Verbrennung der Holzkohle bei hoher Temperatur um 1200°C notwendig. Das "taube" Gestein des Erzes, die Gangart, verflüssigte sich beim Prozess und rann durch ein Abstichloch aus dem Ofen (daher "Renn"-Feuer). Das Eisen, dessen Schmelzpunkt von 1536°C nicht erreicht wurde, blieb als Klumpen (Luppe) übrig. Etwa 2000 Rennfeuerplätze sind bereits im Untersuchungsgebiet nachgewiesen, die frühesten bei Bergisch Gladbach und Kürten (8./9. Jh.) sowie bei Lüdenscheid (8.-11. Jh.). Das Gros der datierten Funde stammt aus dem 11.-13. Jh. Eine besonders starke Häufung ist in der Umgebung der Burg Altena zu beobachten, und inzwischen gilt deshalb als sicher, das die Festung zur Herrschaftssicherung in dieser eisengewerblichen Landschaft entstand.

Ganz anders die Flossöfen: Mit wassergetriebenen Blasebälgen und einer Höhe bis zu 5 m erzeugten die auch Massenhütten genannten Werke große Mengen flüssigen Roheisens. Diese neue Technologie verdrängte den Rennfeuerofen völlig; der Stückofen, der mit Wasserrad lief, aber wie gehabt feste Luppen erzeugte, kam im bergisch-märkischen Raum nicht zum Zuge. Dass dieser Wandel bereits im 13. Jh. geschah, wissen wir erst aus den zahlreichen archäologischen Befunden, während zuvor nur vereinzelte schriftliche Zeugnisse seit 1395 (Altena) darüber vorlagen. Die Eisenverhüttung zog sich ins obere Bergland zurück, wo die Ressourcen noch ausreichten. Die verlassenen Gebiete gerieten dadurch in eine Wirtschaftskrise, die sie aber durch neue Gewerbezweige wie Draht- und Klingenherstellung überwanden.

Das Roheisen war wegen seines hohen Kohlenstoff-Gehalts nicht schmiedbar. Es ließ sich beim Guss verwenden oder durch Frischen schmiedbar machen. Frischhütten sind an vielen Stellen archäologisch belegt.

Obwohl die aus Lehm und Stein gebauten Verhüttungsöfen absolut trocken sein mussten, wurden bisher weder Pfostenlöcher noch Fundamente einer Überdachung entdeckt oder als solche angesprochen. Auch die älteste Bilddarstellung einer märkischen Eisenhütte bei Engelskirchen von 1581/82 zeigt einen freistehenden Ofen, was allerdings auf einer vom Zeichner gewollten besseren Erkennbarkeit beruhen kann. Seitenanfang

Ein Hinweis zur Ortsnamensforschung

In den Schriftzeugnissen des späten Mittelalters heißen Eisenerzbergwerke "Steinberg", abgeleitet von Eisenstein. Deshalb dürften die zahlreichen Orte mit dem Namen Steinberg auf Eisenerzbergbau zurückgehen; gleiches gilt auch für die "Eisen"-Orte wie Burg Isenberg bei Hattingen oder Iserlohn. Sie verteilen sich gestreut über das untersuche Bergland und korrelieren nicht mit dem Gebiet, das Bergbau und Eisenhütten seit dem 13. Jh. einnahmen (vgl. Karten Bergbau und Wasserkraft). Diese Orte stammen folglich noch aus der Rennfeuerzeit. Seitenanfang

Schmieden und Hammerwerke

Die ersten Hammerwerke des Untersuchungsgebiets tauchen in den schriftlichen Quellen erst nach 1460 auf. Auch wenn archäologische Funde bislang fehlen, sind wir versucht, ihren Anfang analog zu den Hüttenwerken viel früher anzusetzen. Wir wissen aber, dass noch im Spätmittelalter Qualitätsstahl, Schmiededraht und Klingen in großen Mengen ausschließlich von Hand entstanden. Die Stahlerzeugung ist für Plettenberg 1311 und Solingen 1390 bezeugt. Zum heißbegehrten Exportschlager avancierte der Breckerfelder Stahl, um den gegen 1490 ein scharfer Handelsstreit zwischen den bergischen, märkischen und siegenschen Landesherren sowie unter führenden Kölner Großhandelshäusern entbrannte. Dieser Streit ist außerordentlich geschlossen überliefert. Internationalen Ruf genossen auch die Solinger Schwerter, Remscheider und Wuppertal-Cronenberger Sensen sowie die Ratinger Scheren.

So bleibt also das "Grobe": Hammerwerke hatten die Aufgabe, das Frischeisen zunächst einmal ordentlich durchzuschmieden, bis eine homogene Masse ohne Schlacken- und Holzkohleneinschlüsse auf dem Amboss lag. Dazu dienten vorerst die schweren Aufwurfhämmer, die sich zunächst im Umfeld der Massenhütten verbreiteten. Im Vergleich mit den Stückofenluppen war das Frischeisen allerdings leicht zu bewältigen. In Gegenden mit Stückofentradition sind folgerichtig schon früher Hämmer nachgewiesen, so 1311 in der Oberpfalz. Seitenanfang

Märkische Drahtziehereien

Die Zentren des Drahtgewerbes in der Grafschaft Mark waren Lüdenscheid, Altena und Iserlohn. Ausgangsmaterial für den Draht war Osemundeisen, das rund um Lüdenscheid produziert und in der Stadt zu Grobdraht geschmiedet wurde. Die Weiterverarbeitung erfolgte per Wasserkraft in Drahtrollen. Zwei Urkunden von 1394 belegen, dass in Iserlohn wegen der vielen Drahtrollen damals zum Bau neuer Getreidemühlen kein Platz mehr vorhanden war und dass die frühesten Werke in der ersten Hälfte des 14. Jh. schon bestanden. Altenas erster Nachweis ist von 1395 überliefert. Für die Lüdenscheider Drahtrollen fehlen mittelalterliche Belege bisher.

Dass das Drahtgewerbe gerade an den drei ältesten südmärkischen Festungen angesiedelt war, den Städten Iserlohn und Lüdenscheid sowie der Burg Altena, lässt auf den militärischen Bedarf an Panzern (Kettenhemden) schließen, die man aus dem Draht fertigte. Im 14. Jh. bezog sogar die Stadt Nürnberg Panzerwaren aus Iserlohn, allein 41 Panzer im Jahre 1388. Berühmt ist das Iserlohner Kettenhemd des Meisters Berthold aus dem 15. Jh. (siehe Technik. Seitenanfang

Bergische Schleifereien

Über die frühe wassergetriebene Schleiferei im Untersuchungsgebiet fehlen archäologische Funde bislang völlig. Nur eine 36 cm messende Handkurbel-Schleifscheibe von ca. 1100 aus Wuppertal belegt das frühe Schleifgewerbe. Die wassergetriebenen Schleifkotten arbeiteten freilich mit weit größeren Steinen. Sie waren so wertvoll, dass die Herren zum Haus bei Ratingen von einem Schleifköttner den Schleifstein als "bestes Stück" im Todesfall beanspruchten - ein seltener, wenn nicht sogar einmaliger Beleg!

Die schriftliche Überlieferung ist problematisch, weil die Schleifereien unter der Bezeichnung "Kotten" erscheinen, worunter ebenso kleine Bauernhäuser zu verstehen sind. Auch die Formulierung "Schleifkotten" beweist nicht zwangsläufig den Wasserantrieb. Diese Umstände haben zu etlichen Irrtümern in der Forschung geführt. Sichere Erstnachweise ergeben sich im Herzogtum Berg für Ratingen 1362 und Solingen 1401 sowie auf dem märkisch kontrollierten Gebiet der Abtei Werden an der Ruhr 1417. In Bergisch Gladbach existierte spätestens im frühen 15. Jh. eine Messerschleiferzunft.

Der tatsächliche Beginn der wassergetriebenen Schleiferei im Bergischen mag wesentlich früher liegen. Schon um 1120 ist die Technik in Frankreich belegt und könnte über Köln ins Bergische gelangt sein. Die Schleiferzünfte sind bedeutend älter als ihr Erstbeleg und zum Teil vorstädtischen Ursprungs; sie waren Gründungen der bergischen Grafen. Nicht von der Hand zu weisen ist die These, dass Graf Engelbert II. (1218-1225), zugleich Erzbischof von Köln, kundige Schleifer ins Land geholt habe. Seitenanfang

Köln war Drehscheibe des Eisenhandels

Über den Beginn des Handels im frühen Mittelalter sind keine Nachrichten überliefert. Den archäologischen Funden zufolge gelangten vorgeschmiedete Eisenstücke als Halbzeug zur Weiterverarbeitung in die angrenzenden fruchtbaren, aber "eisenfreien" Ebenen. Diese Gebiete versorgten die Bergleute und Waldschmiede im Bergland mit Feldprodukten.

Über den Welthandel mit Eisenprodukten aus Berg und Mark sprechen die schriftlichen Quellen erst im Spätmittelalter. Die Verbindungen liefen über die großen Städte am Rhein und am Hellweg. Als Großhändler traten dabei immer wieder Personen in Erscheinung, deren Familien aus dem Bergischen oder Märkischen nach Köln, Dortmund oder Soest ausgewandert waren.

Schließlich war es Köln, das mit seiner enormen Wirtschaftskraft den Handel bis weit ins Märkische hinein dominierte. Handelshäuser wie die Gebrüder Greverode oder Westerburg lieferten Stahl und Eisengerät weiter bis nach Flandern, England und Frankreich. Seitenanfang