Vom Umgang mit den Metallen im Mittelalter

Bergleute bei der Arbeit. Freiburger Münster, Glasmalerei, um 1350.

Erzbergbau

Verhüttung

Kohlenstoff macht Stahl und Gusseisen

Draht ziehen

Das Iserlohner Kettenhemd

Erzbergbau

Bergbau, schematische Darstellung: 1. Erzgang, 2. Pingen, 3. Schächte, 4. Wetterschacht, 5. Stollen, 6. Erb- oder Entwässerungsstollen, 7. Bach.

Ohne jegliche maschinelle Hilfsmittel war die Arbeit der Bergleute ebenso hart wie der Fels, in den sie ihre Meißel schlugen. Zunächst gruben sie in offenen Pingen, im Hochmittelalter teuften sie Schächte ab. Erst im Spätmittelalter trieben sie Stollen. Das Grundwasser verhinderte das Eindringen unter das Niveau des nächstgelegenen Flusses, in den man das Grundwasser durch den untersten, so genannten Erbstollen ableitete. Schöpfwerke eröffneten erst später den Weg in größere Tiefen.

Der Bergbau auf Silber, Kupfer und Blei ist bereits für das frühe und hohe Mittelalter belegt, archäologisch wie schriftlich. Das ist für den Nachweis von Eisensteingewinnung bedeutsam, weil man neben den Schächten der Buntmetallgruben auch auf die Pingenfelder des so genannten "Eisernen Hutes" stößt. Dem liegt das geologische Phänomen zugrunde, dass die Bunt- und Edelmetalle auswuschen und sich weiter unten anreicherten, während das Eisen oben blieb. Aus schriftlichen Quellen sind Eisengruben erst belegt, seit auch der Schachtbau Einzug hielt. Seitenanfang

Verhüttung

Eisen und Silber, Kupfer, Blei und Zink, das waren die Stoffe, aus denen in der Geschichte Waffen, Gebrauchsgegenstände, Zahlungsmittel und Schmuck entstanden. Als nach der Völkerwanderung Menschen ins Sauerland und Bergische Land zogen, um diese Metalle zu gewinnen, waren dies Profis. Wer heute ein aufwendiges Studium absolviert, um gleiches zu tun, wird dem zustimmen.

Eisenschlacken aus dem Flossofen haben glasige Struktur. Die Farben rühren von Metalloxiden her, die auch in bunten Glasfenstern die Farbe bestimmen.
 

Außer Silber sind Metalle im Erz in der Regel an Sauerstoff gebunden und müssen von ihm getrennt, d.h., verhüttet werden. Das geschah im Mittelalter im Holzkohlefeuer. Der Kohlenstoff löste dabei den Sauerstoff vom Metall und verband sich mit ihm zu Kohlendioxid. Aluminium ließ sich auf diese Weise nicht verhütten, denn die notwendige Temperatur (ca. 2000°C) war unerreichbar; man kannte es deshalb nicht. Auch Zink war unbekannt, weil es beim Verhütten sofort verdampft wäre. Gab man jedoch Galmei, eine Zinkoxidhaltige Erde, in einen Kupferofen hinzu, entstand die Legierung Messing.

Die Archäologie hat in der jüngsten Zeit erhebliche Erkenntnisse geliefert. Anfangs kamen die Hüttenleute im Rennfeuerofen an den Schmelzpunkt des Eisens (1538°C) nicht heran - es blieb fest. Den Namen hat der Ofen vom Herausrinnen der flüssigen Schlacke. Die bestand aus Silikat sowie den - damals noch erheblichen - nichtreduzierten Metallanteilen. Seit dem 13. Jh. erreichten sie mit großen Blasebälgen unter Wasserkraft im Flossofen so hohe Temperaturen, dass es flüssig wurde (deshalb Flossofen). Im Märkischen Kreis sind 10 Flossofenstandorte des 13. Jhs. im Einzugsgebiet von Volme, Lister und Wipper sicher datiert (vgl. Karte). Materialanalysen verschafften die Gewissheit, dass im Märkischen seither tatsächlich nur noch flüssiges Roheisen erzeugt wurde, während in Hessen große Rennwerke nach wie vor feste Eisenluppen hervorbrachten. Seitenanfang

Kohlenstoff macht Stahl und Gusseisen

Eisen hebt sich unter den Metallen besonders ab, weil Kohlenstoff seine Eigenschaft mitbestimmt. Richtig dosiert, verhilft er dem Eisen zu großer Zug- und Bruchfestigkeit: Man spricht von Stahl. Das flüssige Eisen nahm aber im Flossofen so viel Kohlenstoff auf, dass es zum Schmieden zu spröde war. Um den Kohlenstoffgehalt zu drosseln, machte man es in Frischhütten nochmals heiß. Hier produzierten die Facharbeiter z.B. Stahl für Klingen sowie Osemund für Draht. Die Analyse einer mittelalterlichen Klinge, ausgegraben in der Schmiede von Burg Rhade bei Kierspe, belegt die Zusammensetzung: die Schneide aus kohlenstoffreichem Stahl, sonst kohlenstoffarm und weich. Schlackeneinschlüsse verinnerlichen, dass zur Kunst des Klingenschmiedens auch der Umgang mit unreinem Material gehörte - eine Einschränkung, der heutige Kunsthandwerker freilich nicht mehr unterliegen.

Das hochprozentige Roheisen war, wie man mit der Zeit erkannte, als Gusseisen nutzbar. Der Schmelzpunkt sinkt nämlich durch den Kohlenstoffgehalt, im günstigsten Fall liegt er mit 4,3 Volumen-% bei 1147 °C. Seitenanfang

Draht ziehen

Wenngleich das deutsche Wort Draht von "drehen" kommt, kannte die Grafschaft Mark andere Methoden: Hier wurde Draht in der in mehreren Arbeitsschritten erst aus Osemundeisen zu Grobdraht geschmiedet, dann per Wasserkraft zu Mitteldraht gezogen und erneut auf Windenscheiben (Spulen) per Handkurbel zu Feindraht gezogen. Zum Drahtziehen war ein mit runden Löchern durchstoßenes Zieheisen aus gehärtetem Stahl notwendig. Hierdurch zog man den Draht durch immer kleinere Löcher bis zur gewünschte Stärke.

Den Mitteldraht musste der Drahtzöger bei großem Kraftaufwand mit Hilfe einer Zange Stück für Stück ziehen. Abbildungen aus dem Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung in Nürnberg zeigen den "Schockenzieher" auf der Schaukel (Schocke) sitzend, sich mit den Beinen gegen das Zeiheisen stemmend. Andere Darstellungen präsentieren den Handwerker auf dem Zieheisen stehend bei der - wenig effektiven und ungesunden - Arbeit.

Hier setzte die Wasserkraft ein: Mittels Kurbelwelle und Seil ließ sich die Kraft vom Wasserrad auf die Zange übertragen. Wie bei den Hebezangen im Baugewerbe zog das Seil die Zangenschenkel zusammen. Ob nun anfangs, wie einige Forscher meinen, die wassergetriebene Drahtzieherei als Weiterentwicklung der Windenscheibe mittels Trommelwinde funktionierte, ist ungewiss. Jedoch sprechen außer der fehlenden Überlieferung zwei technische Umstände dagegen: Erstens war für den groben Mitteldraht das Material zu kurz, denn man musste ja zunächst den Draht vom Zieheisen bis zur Trommelwinde von Hand ziehen. Für den verbleibenden Rest dürfte sich der Aufwand nicht gelohnt haben. Zweitens war der feinere Mitteldraht zwar länger, aber auch dünner. Hinzu kommt, dass das Material noch nicht die homogene Qualität besaß wie heutige Stähle, ja sogar Hohlräume und Fremdkörper enthalten konnte. Und das hieß größere Reißgefahr beim kraftvollen mechanischen Ziehen. Die märkischen Bezeichnung für eine wassergetriebene Drahtzieherei lautet "Rolle". Sie kann als pars pro toto sowohl auf dem Wasserrad als auch auf einer ursprünglich benutzten Trommelwelle beruhen. Seitenanfang

Das Iserlohner Kettenhemd

Zu den berühmtesten Panzerhemden zählt das Iserlohner Kettenhemd aus dem 15. Jh., das im Royal-Armoury-Museum in Leeds (England) ausgestellt ist. Es enthält zum Schmuck einige Ringe aus
 

Das Iserlohner Ketten- hemd aus dem
15. Jh. ...
 

Messingdraht. Nicht nur, dass es hervorragend erhalten ist; das besondere sind die beiden Meisterzeichenringe mit der Inschrift "bertolt vor porte to ysrenloen" (Berthold vor dem Tore zu Iserlohn).

... ist wegen seiner Meisterzeichen-Ringe eine Seltenheit.
 

Der Name ist in Iserlohn wohlbekannt, besaß doch ein Meister Berthold die früheste datierte Drahtmühle der Grafschaft Mark.

Experten vom Londoner Tower Museum haben entdeckt, dass diese Messingringe mit Messingstiften vernietet sind. Meister Berthold, der Urheber des Panzers, muss gewusst haben, dass zwei verschiedene Metalle miteinander korrodieren (durch Elektrolyse, wie wir heute wissen) und hat folglich auf billigere Eisennieten verzichtet. Seitenanfang