Aachener Zeitung - 4.9.2006

Thomas Kreft

Familienminister Armin Laschet besucht Jugendberufshilfe-Projekt Hochgrundhaus

Alter Hof bietet jungen Leuten neue Chance

Minister Laschet inspiziert das wiederhergerichtete alte Backhaus.

Wer Aachen in Richtung Kelmis verlässt, erreicht auf halber Höhe das altehrwürdige Hochgrundhaus im Halfernpark. Seit 1925 ist das Areal Eigentum der Stadt. Dazu gehört auch der Gutshof direkt an der Lütticher Straße, den die Familie Johnen jahrzehntelang bewirtschaftete.

Dass Landesintegrationsminister Armin Laschet dem Anwesen nun einen Besuch abstattete, lag allerdings weniger an der Vergangenheit, sondern an dem gegenwärtigen Leben auf dem Hof. Seit 2001 nämlich ist die städtische Jugendberufshilfe dort aktiv. Schulabgänger, insbesondere jene von der Hauptschule, haben die Möglichkeit, ein Jahr lang berufliche Fähigkeiten zu trainieren, gewissermaßen ein praktisches Jahr zu absolvieren. Das verkürzt zwar nicht eine Handwerkslehre, gibt aber vielen eine Chance, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu ergattern. "Die Abiturienten nehmen den 16-Jährigen die Lehrstellen weg, obwohl sie den Beruf danach gar nicht ausüben wollen", klagt Bernd Drescher vom Jugendamt. Und die Anforderungen würden immer größer.

Im Hochgrundhaus lernen die jungen Leute unter fachkundiger Leitung der einzelnen Gewerke. Im Gegensatz zu einer Lehrwerkstatt landen die Produkte nicht in der Schrottkiste. Die Arbeit kommt vielmehr dem Erhalt der historischen Bausubstanz und somit der Öffentlichkeit zugute. Bis zu 25 Personen sind hier tätig, bisher insgesamt rund 200. 60 Prozent erhielten anschließend eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle in der freien Wirtschaft.

384.000 Euro kostet das Projekt. Davon übernimmt das Land NRW 80 Prozent. Auflage ist allerdings, dass 30 Prozent des Bauvolumens an Handwerksbetriebe gehen, die auf diese Weise ebenfalls gestützt werden. Die Arge, früher das Arbeitsamt, beteiligt sich an Entlohnung und Betreuungskosten, darunter auch die sozialpädagogische Betreuung.

Das Hochgrundhaus bei Aachen.

Unter dem wachen Auge der Denkmalbehörde hat sich schon viel getan. Das kleine Backhaus erhielt einen neuen Dachstuhl, das Mauerwerk wurde neu verfugt und der Fußboden mit Ziegelsteinen im Fischgrätenmuster verlegt. Der riesige Backofen, der die Hälfte des Häuschens einnimmt, ist wieder betriebsbereit und soll auch wieder angeheizt werden.

Die Remise sowie zwei Anbauten wurden wegen Baufälligkeit niedergelegt und originalgetreu wieder aufgebaut. Gräben wurden ausgehoben und Drainagen angelegt, denn bei Regenwetter floss das Wasser durch den Stall. Fenster und Eisengitter bauten die angehenden Handwerker aus und brachten sie wieder auf Hochglanz. Manchmal mussten sie Stücke erneuern. Dabei erlaubten sie sich bei den eisernen Zaunpfosten ein wenig Freiheit: Statt "v.H." nach dem Erbauer von Halfern glänzt dort nun die Inschrift "JBH" wie Jugendberufshilfe. Den Stall konnten sie nur mit Schutzkleidung und Atemmaske reinigen. Neu ist dort die Pellet-Heizung, dessen Silo bis ins Obergeschoss hineinreicht.

Der Minister bezeichnete das Projekt als gelungenes Beispiel, das Ergebnis sei beeindruckend. Dabei hob er auch eine Tugend hervor, deren Fehlen die Meister häufig bemängeln: "Die Jugendlichen lernen, dass sie pünktlich zur Arbeit kommen müssen." Auch das Gehöft selbst sei sehr schön geworden. Vier Voraussetzungen nannte Laschet für den Erfolg: Die Stadt stellt geeignete Liegenschaften bereit, ein beruflicher Träger spielt mit, das Land beteiligt sich und eine Folgenutzung ist gewährleistet.

Am 24. Oktober befasst sich der Kinder- und Jugendausschuss mit dem Fortgang des Projekts, in das die historische Scheune auf der anderen Straßenseite eingebunden werden könnte, so Ausschussvorsitzende Waltraud Hostettler.