Advent 2005


 Advent: Wir warten mit Paulus, daß Jesus kommt

Meditation am 1. Advent in St. Paulus

Paulus, in Stein gehauen. 
Eine Skulptur, eine steinerne Säule, über 800 Jahre alt, vom Portal der Kirche 
Saint-Loup-de-Naud in Mittel-Frankreich. 
In der Hand trägt Paulus eine Schriftrolle: das Wort Gottes, 
an dem er sich festhält. 
Es gibt ihm Ruhe und Kraft, so daß er vertrauensvoll in die Zukunft blicken kann. 


Du, Paulus, hast zuerst nichts verstanden 
von Jesus und dem neuen Glauben.
Du hattest viel studiert und warst hochgelehrt,
aber in deinem Herzen hattest du nicht begriffen, 
worum es im Glauben geht.
Das, was du nicht kanntest, hast du abgelehnt.
Ja, verfolgt hast du die Menschen, 
die sich zu Jesus Christus bekannten.

Doch auf einmal ist dir Jesus begegnet.
Tief in deinem Innern hast du ihn erkannt.
Damals, in der Wüste, auf dem Weg nach Damaskus.
In der Wüste, in der Stille, wo nichts dich abgelenkt hat.
In der Stille der Wüste, wo der Alltagstrubel weit weg war.
Dort warst du mit dir selbst konfrontiert
und hast gespürt, wie unbedeutend vieles im Leben ist. 
Das hat dir wahrscheinlich Angst gemacht.

Doch zugleich hast du gespürt, 
daß dein Leben umfangen und getragen ist. 
Du hast gespürt und erahnt, daß Gott dir nah ist.
Du hast erkannt: Dieser Jesus, 
mit dem ich bisher gar nichts anfangen konnte, bringt mir Gott nahe. 
Seine Barmherzigkeit und sein Vertrauen, 
sein Tod und seine Auferstehung haben dir gezeigt, 
was ein von Gott erfülltes Leben ist 
und wie dein Leben gelingen kann.
Diese Begegnung mit Jesus hat dich verändert;
du wurdest zu einem neuen Menschen.

Doch zuerst warst du mit Blindheit geschlagen.
Denn das Reich Gottes, Gottes Herrschaft 
ist nicht sichtbar für unsere Augen. 
Deshalb sollen wir wachsam sein.
Denn: Man sieht nur mit dem Herzen gut;
das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Als dein Herz sehen gelernt hatte,
da hielt dich nichts mehr:
Du bist aufgebrochen und warst viel unterwegs,
denn du wolltest vielen Menschen 
diese frohe Botschaft weitererzählen.
Und deine Freude steckte an.
Viele Menschen haben mit deiner Hilfe 
Gott in ihrem Leben entdeckt.

Fest stehst du nun wie eine Säule,
denn du weißt, daß der Herr bei dir ist.
Durch nichts hast du dich abbringen lassen 
von dem Weg, auf den Jesus dich geschickt hat. 
Denn du weißt: Seine Botschaft tut gut.
Seine Botschaft heißt: Gott ist da.
Auch und gerade dann, wenn es dunkel in uns ist,
wenn wir nicht mehr weiterwissen, 
wenn wir die Kälte der Menschen spüren.
Mitten in der Nacht, in der Finsternis und in der Kälte 
wurde Gott Mensch.

Das macht dich stark und fest, 
gerade dann, wenn du Widerstand erfährst.
So stehst du nun fest und wartest – 
wartest mit uns, daß Jesus Christus wiederkommt.

Auch wenn du Jesus schon begegnet bist,
bist du dennoch voller Erwartung.
Du hast es dir nicht in deinem Leben bequem gemacht,
so, als wäre schon alles erreicht.
Du wußtest: Unsere Heimat ist im Himmel.
Alles, was wir mit unserer eigenen Kraft 
hier auf Erden aufbauen, ist vergänglich.
Gott allein kann dir und uns 
Unvergänglichkeit schenken.

So wartest du immer wieder neu auf Jesus Christus, Gottes Wort.
Du weißt: Er will immer wieder neu zur Welt kommen.
Nicht in der Krippe, sondern in deinem Herzen, in deiner Seele.
Denn du weißt: Gott ist treu.
Er ist bei uns – jetzt und immer.  

  

Thilo Esser und Oliver Lellek