… ein schwankender Zustand

Statement auf der „PhilCologne 2013“

 

 

 

1. Wie kann ich behaupten, mein Körper wäre Ich?!

Würde ich in einem vollkommen leeren Raum erwachen, der keine erfahrbaren Grenzen hat, befände ich mich also mit mir alleine im Nichts, dann würde ich zwangsläufig meinen eigenen Körper als Außen definieren. Das Ich-Selbst würde sich auf meinen Geist reduzieren. Mein Körper wird zum Gegenüber, in dem ich mich ausbreite.

Mein Leib ist ohnehin bloß eine Metamorphose aus Substanzen, die es schon vor mir gegeben hat, die somit ohnehin nicht mir gehören.

Ein Körperloses Ich ist demnach denkbar!?

 

2. Wie kann ich behaupten, mein Körper gehörte nicht meinem Ich-Selbst?!

Der Körper (mit allen Sensoren, Nervenbahnen, Funktionsträgern, Verarbeitungsmechanismen) ist es, der meine Wahrnehmungen an das Bewusstsein weiterleitet und umgekehrt über Steuerung durch das Bewusstsein auf die Umwelt reagiert. Ohne physische Reize entstehen keine Sinneswahrnehmungen und ohne die kein Selbst-Bewusstsein.

Ein Körperloses Ich ist demnach Undenkbar!?

 

3. Wie kann ich behaupten, Ich-Selbst würde sich auf meinen Körper und Geist beschränken?!

Alles, was außerhalb meines Körpers stattfindet, selbst weit weg, außerhalb der Sicht- oder Hörweite, auch jenseits des Begreifbaren, nimmt Einfluss auf meine Empfindungen. Erst dadurch, dass wir uns in unserer Umgebung reflektieren, entsteht ein Bewusstsein für das Selbst. Ich-Selbst geht weit über den Körper hinaus.

Ich bin die Welt, ich habe keine festen physischen, organischen oder mentalen Grenzen.

Die Welt ist ohne mich undenkbar.

 

Synthese … oder fauler Kompromiss?

Jede dieser Thesen lässt ihre eigenen Schlussfolgerungen zu.

Bin ich nicht der, den Sie hier sehen … oder bin ich etwa nicht der, den Sie zu erkennen glauben? Oder vielleicht bin ich doch ein Stück von Ihnen!?

Verknüpfe ich die Standpunkte miteinander, bilden sie eine vorläufige Synthese:

Das Ich-Selbst ist ein schwankender Zustand.

Manchmal bin ich nichts mehr als mein Selbstbewusstsein, während mein Körper schon nicht mehr mir gehört, dann wiederum bin ich die Welt und erfahre nicht, wo ich ende.

 

Das Urteil lautet, es müssen neue Fragen gestellt werden

- Kann ich mein Ich-Selbst von einem anderen Sein abgrenzen?

- Ist meine Freiheit, auch ohne Körper denkbar zu sein, ein Hinweis auf ein mögliches Bewusstsein über den Tod hinaus ?

- Bin ich ein Von-Mir-Aus oder bin ich von woanders?

- Ist Bewusstsein ein Selbsterhaltungsreflex

- Wird die Hirnforschung eines Tages Selbstbewusstsein lokalisieren können

 

Egal, wie die Antworten lauten: Jede Definition, die nicht erneut infrage gestellt werden kann, ist ein Trugschluss.

Der Diskurs beginnt.