Wenn man zu sehr aus der Gesellschaft ausschert, ist man immer "bestraft"
"Don Giovanni" von Wolfgang Amadeus Mozart im Opernhaus Köln
So kommentiert Regisseur David Alden im Programmheft
den Obertitel "Il dissoluto punito"
der "Don Giovanni" Oper. Und genau das scheint ihm selbst, mit seiner
Inszenierung im Kölner Opernhaus zu wiederfahren. Denn sein Versuch, die
traditionelle Mozart-Oper als "satirische Komödie über die Gesellschaft
" darzustellen, zog viele Publikums-Buhrufe mit sich.
Erschreckend erschien jedoch weniger das Bühnengeschehen,
sondern eher das engstirnige Publikumsverhalten. Denn bereits beim ersten
Blick auf das Bühnen- und Kostümbild wurde sich gegen den neuen Interpretationsansatz
gesträubt.
Dabei bringt Alden ein in sich geschlossenes Konzept
auf die Bühne, das durchaus diskussionswürdigen Gespräche mit sich führen
könnte. Für den Regisseur ist Giovanni "eine leere Leinwand", auf der
die Gesellschaft ihre Leidenschaften, Ängste, Sexwünsche projizieren.
Explizit erscheint der "Frauenheld" als lebensmüder Aktionskünstler, dessen
Liebes- und Sexaktionen lediglich Bestandteile seiner eigenen Todes-Inszenierung
sind.
Sein Aktionsraum (Ausstattung: Gideon Davey) ist ein
weißes, weitläufiges Atelier, ausgestattet mit kühlen Attributen, wie
etwa einer überdimensional großer Glühbirne, Designer-Couch und bedeutungsschwangerer
riesiger Neonuhr.
Dieser Raum, der gelegentlich durch einen Vorhang verengt
wird, um dann zur kleinen Guckkastenbühne zu mutieren, wird weniger durch
den gelangweilten "Liebhaber" Giovanni (Dietrich Henschel), sondern eher
durch seinen voyeuristischen "Manager" Leporello (Peter Rose) und seine
Frauenliebschaften aufgeheizt.
Vor allem die drei Frauen verleihen dem "Helden", durch ihre temperamentvolle
Leidenschaft zu ihrem Projektionsobjekt, Lebendigkeit.
So sieht Donna Anna (Noemi Nadelmann) in Giovanni, den
geliebten und zugleich verhassten Mörder ihres Vaters, während Zerlina
(Natalie Karl) den reichen Künstler, als Spielgesellen für leidenschaftliche
Sexspiele versteht. Donna Elvira (Martina Serafin) wiederum hat sich mit
Leib und Seele ihrer sehr komplexen Giovanni-Projektion verschrieben.
Als Einzige kämpft sie bis zum Schluss, um Giovannis Liebe.
Zuletzt reagieren alle Figuren auf Giovannis selbstinitiierten
Tod eher befreit als verzweifelt. Selbst Elviras entsetztes Verhalten
wirkt wie ein leidenschaftlicher Befreiungsakt. Es zeigt sich, dass es
wohl doch einfacher ist, mit einer Legende statt mit der Realität zu leben.
Vorstellungstermine: 22., 29. September; 3., 6., 13.,
18., 25., 30. Oktober
Infos unter: www.buehnenkoeln.de
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