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Infobus des Kunstvereins Mehrwert e.V., Aachen
Kunstforum International Nr. 128, 1994
| Beate Eickhoff

Mehrwert e.V. nennt sich ein Künstler- und Kunstverein in Aachen. Als er sich Ende vergangenen Jahres zusammenfand, schrieb man sich als Ziel die Förderung des Dialogs zwischen Kunst und Öffentlichkeit auf die Fahne. Mit einem der jüngsten Projekte, dem "Infobus", der vom 1.7. bis zum 10.7. auf dem Aachener Willy-Brandt-Platz zu besuchen war, versuchte und gelang der Gruppe tatsächlich ein Schritt in die begehrte Öffentlichkeit jenseits des Kunstkontextes.

Mehr als bloße Selbstdarstellung war der "Infobus" - wie es der unmißverständliche Werbetext verhieß - "ein Pool für alle Fälle". Aufgezogen wie ein Dienstleistungsunternehmen, äußerlich kaum zu unterscheiden von einem der üblichen Informationsbusse, wie sie in Fußgängerzonen anzutreffen sind, liefen in ihm vielerlei Fäden des weiten Kunstnetzes zusammen. So waren Videos zu sehen, die Künstler auf Anforderung der Mehrwert-Gruppe zugesandt hatten, und weitere Künstlergruppen aus dem In- und Ausland, die ebenfalls unkommerziell und in ähnlicher Weise wie die Mehrwert-Gruppe arbeiten, waren mit Selbstdarstellungen und Informationsmaterial präsent. Neben diesem überregionalen Programm konnte man sich in dem Bus über die aktuellen Aachener Kulturveranstaltungen informieren und natürlich Publikationen zum Thema Kunst erwerben.

Das sicherlich interessanteste Angebot aber war das "Reiff-II Museum", ein im Aufbau befindliches elektronisches Museum, das von seinen Begründern zunächst als "ernster Scherz" bezeichnet wurde. In Zusammenarbeit mit dem Rechenzentrum der RWTH Aachen und über Internet konnten an einem Computer im Bus, wie auch von Computern außerhalb Bilder eingelesen werden. Aus den so eingegangenen Arbeiten wird eine Jury die erste Ausstellung des "Reiff-II Museums" zusammenstellen. Noch bis voraussichtlich Frühjahr nächsten Jahres bleibt die Möglichkeit bestehen, weitere Kunstwerke einzuliefern und über INTERNET das elektronische Museum auch zu besichtigen.

Der "Infobus" war Teil einer Reihe von Atelier-Ausstellungen, die als gemeinsames Projekt den Namen "827qm" trug, und somit eine von 15 Kunststationen innerhalb der Stadt. In die gleiche Zeit fiel die erste öffentliche Präsentation des Neubaus am Suermondt-Ludwig Museum und auch hier war Mehrwert mit seiner als künstlerisches Projekt konzipierten Informationstätigkeit zur Stelle.

Die Künstlergruppe Mehrwert übernahm einerseits die Rolle der Vernetzung von gleichzeitig stattfindenden Kunstereignissen und andererseits die Aufgabe der Verortung von Kommunikation in einem Informations- und Kommunikationspool, als welcher der "Infobus" fungierte. Die Grenze zwischen Kommunikation als Kunst und Kommunikation über Kunst sollte aufgehoben werden, genauso wie die Trennung zwischen Kunstschaffenden und Publikum. Ein neuerlicher Versuch also, die Kunst und die Künstler aus dem Elfenbeinturm des Kunstbetriebs herauszuholen, sie in eine wirkliche, alltägliche Öffentlichkeit zu bringen, und umgekehrt die an Kunst nicht interessierte Öffentlichkeit mit dieser zu konfrontieren.

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