Frankfurter Rundschau vom 8. Januar
2000: “Klassik-CDs werden immer schöner. Vielleicht nicht immer besser, aber immer ansprechender in der Präsentation. Wo vor Kurzem noch biedere Sonaten- hauptsatzform-Optik vorherrschte, wird jetzt luftig und elegant designed. Selbst kleine Label, wo ehedem scheinbar der Organist höchstpersönlich ans Layout gelassen wurde, liefern mittlerweile Leckerbissen im Quadrat. Eine Produktion dieser Art, bei der gar die Edel-Knappen von ECM Pate gestanden haben könnten, hat jetzt die Musikproduktion CYBELE vorgelegt. Und zum feinen Augenfälligen stimmt auch der Inhalt: Der Booklet-Text des Musikjournalisten Hanno Ehrler, aber in erster Linie die Musik des Frankfurter Komponisten Rolf Riehm. Kompositionen für Gitarre sind hier versammelt, gespielt von Susanne Hilker und Harald Lillmeyer, beide seit zehn Jahren höchst kompetente Riehm-Interpreten, ja Riehm-Spezialisten ...” FonoForum, Mai 2000: “Ganz anders (...) klingen die fünf Stücke, die Rolf Riehm zwischen 1977 und 1996 für Gitarre komponierte: zumeist schroffe, mit harten Schnitten aneinander- gesetzte Phrasen, geräuschhafte Elemente. In ‘KlageTrauerSehnsucht’ hat Riehm, wie er selbst sagt, ‘die Anspannung hörbar gemacht, die einen schreienden Menschen ergreift’. Die Musik ist eindringlich, unerbittlich und kompromisslos und wird von dem Duo Susanne Hilker und Harald Lillmeyer genauso gespielt.” Badische Zeitung, 22. April 2000: “Rolf Riehm ist ein Komponist des Extremen: Extrem sind die Gefühlslagen seiner Stücke, und während er seinen Interpreten spieltechnische Drahtseilakte zumutet, tastet er die Grenzen der Instrumente nicht nur aus, sondern scheint oft noch weit über diese hinaus zu gehen. (...) Tatsächlich wird auf dieser Riehm-CD das ansonsten so moderate, zurückhaltende und melodieorientierte Zupfinstrument um des Ausdrucks willen in klangliche Bezirke getrieben, die ihm sonst sehr fremd sind ... Susanne Hilker und Harald Lillmeyer folgen Riehm auf seinen Grenzgängen. Willig lassen sie sich darauf ein, dass ihre Instrumente zu Hilfsgeräten für spieltechnischen Extremsport mutieren - und erreichen eine Intensität des Ausdrucks, die bei Gitarrenaufnahmen (auch zeitgenössischer Musik) nicht häufig vorkommt.” Stuttgarter Zeitung, 16. Dezember 1999: “Für alle, die neugierig sind, wie toll man heute komponieren kann: Rolf Riehm: Kompositionen für Gitarre...” Frankfurter Rundschau, 4. März 2000: “Die in der E-Musik eingesetzte Gitarre durchlebt nach Jahren des verkennenden Niedergangs gerade eine Renaissance (...), was auch der hier zu belobigenden CD ihren Markt sichern helfen sollte. Interpretatorisch ist diese CD mit Susanne Hilker und Harald Lillmeyer ohnehin über jede Kritik erhaben, und der Hörer kann sich nur dem faszinierten Schauder ob solch perfekter Instrumenten- beherrschung hingeben. (...) Wirklich schön (und zwar im altmodischen Sinne) ist Riehms Lamento di Tristano, eine Paraphrase auf ein als Estampie bezeichnetes Instrumentalstück der spätmittelalterlichen Spielleute. Wenn das Beiheft erklärt, Riehm wolle nicht ‘Komponist im Elfenbeinturm sein und fern der Welt musikalische Systeme ausklügeln’, so ist ihm das in der hier präsentierten Musik glänzend gelungen: er steht mitten im Publikum! Bleibt zu hoffen, dass auch das Publikum seinerseits davon Kenntnis nimmt.” FRITZ - Das Magazin für Frankfurt, Dezember 1999: “‘KlageTrauerSehnsucht’ heißt die erste von insgesamt 9 Kompositionen, die programmatisch diese Veröffentlichung wie Rolf Riehms Arbeit umschreibt. Fröhlich sind seine spröd-faszinierenden Stücke so wenig wie die Zeiten, denen sich ihre Entstehung verdankt. Im Kontext latein-amerikanischer Gitarrenmusik, Barock und Moderne erkundet der Frankfurter konsequent das Ausdrucksspektrum dieses Instruments.” Connys Plattenteller, 2004: Eine schon bemerkenswert futuristische Gitarrenmusik-CD präsentiert hier Rolf Riehm, die schon 1999 erschien und 1995-96 aufgenommen wurde. Das erste Stück „KlageTrauerSehnsucht” verarbeitet Rolf Riehm als Mittel politischen Widerstands, wo der chilenische Sänger Victor Jara ein Idol des Kampfes gegen den Faschismus war. Ihm ist dieser „Gitarrensong” gewidmet. Die zwei Gitarristen liefern sich hier ein beeindruckendes Duell, die mit perkussiven Einsatz und befremdlichen, neuen Gitarrenklängen Höchstleistung vollbringen. Das nachfolgende „Notturno für die trauerlos Sterbenden” ist ein politisches Stück, wo die Beerdigung der Stammheim-Häftlinge Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan Karl Raspe mit den faschistoiden Reaktionen der Bevölkerung verarbeitet wird. Diese gitarrentechnische Umsetzung mit rhythmisch perkussiven, verhaltenen, lauten und leisen Spiel vollbringt Harald Lillmeyer auf seiner Gitarre meisterlich. Das „Lamento di Tristano” ist eine Estampie aus dem 12. Jahrhundert in 5 Sätzen, im ersten Satz klingen die Gitarren noch ziemlich konservativ klassisch, in den weiteren werden neue Impressionen durch perkussive, impulsive, leise, laute und melancholische „Neuen” Gitarrenklängen geschaffen. Im nächsten Stück „Toccata Orpheus” zeigt Susanne Hilker Ihr Können. Unheimlich virtuos meistert sie das rätselhaft komplizierte, perkussive Gitarrenspiel mit geräuschhaften Elementen des Klanges, wie durch das Rutschen der linken Hand über die Bünde oder das Scheppern beim Anzupfen der Saiten. Im letzten Stück „Au bord du jour” wird das perkussive Klangbild der Gitarre hervorgehoben, hier spielt technisch allerdings hauptsächlich die körperliche Anstrengung des Spielers eine Rolle. Scheppernde Klangattacken der beiden Gitarren verfremden das „normale” Klangbild schon enorm, der Komponist forderte, dass alle Klänge auf die „kraftzehrendste” Weise angerissen werden sollen. Schon allerhand, was Rolf Riehm spieltechnisch von seinen zwei Gitarrensolisten auf dieser CD verlangt, und man fragt sich, wie solch komplexe fremdartige Ton- und Rhythmusläufe sich aufs Notenpapier archivieren lässt. Schon genial extrem. Bewertung: 9-10 Punkte (von 10) Klang: 9-10 Punkte (von 10) |